Homeoffice von Toshiki Okada, Uraufführung im Schauspielhaus

„Homeoffice“ von Toshiki Okada: Der Mensch als Laptop-Bild auf 33 mal 25 Zentimeter oder: Welche Wirklichkeit?

Von Jo Achim Geschke |

homeoffice Uraufführung  D Haus

„Home Office“ mit Kilian Ponert, Rainer Philippi, Blanka Winkler/ Foto © Thomas Rabsch D Haus

Kilian Ponert tritt in seinen Laptop: „Da! du Wirklichkeit, da! du Bild,“ und steht da nackt. Die anderen vom laufenden Meeting, die anderen Menschen, sie sind nur Bilder auf dem Bildschirm. Sieben Menschen, die in ihren Zimmern, im Café, mit anderen in ein Online-Meeting gehen. Kaum etwas hat unsere Wahrnehmung der Welt so verändert wie die Kontakte über den Bildschirm. Der bereits vielfach ausgezeichnete Japanische Autor und Regisseur Toshiki Okada geht in seinem Stück „Homeoffice“ der maschinengemachten neuen Wirklichkeit nach. Ein Stück im Düsseldorfer Schauspielhaus, dass mit seiner Aktualität und den japanischen Übertiteln gut nach Düsseldorf, in eine der größten japanischen Communities in Deutschland, passt.

Die Akteur:innen kommunizieren mit den andern in ihren Zimmern und dem Café in einem Meeting und sind dennoch in ihren eigenen Zimmern gefangen, in ihrer Bildschirm-Welt. Autor Toshiki Okada bricht aber immer wieder diese scheinbare Welt auf und führt zu einem Blick auf die Realitäten, auf die Theaterbühne.

„Existiere ich denn, wenn ich alleine bin?“ fragt Rainer Philippi verunsichert vor seinem Laptop.

Er hat schon damit gehadert, dass auf dem 14 Zoll Bildschirm mit der kleinen Kamera nur seine Füße oder ein anderes Mal nur sein Körper ohne Kopf zu sehen sind.

„Du bist nicht allein, das Publikum sieht dich doch“, sagt Belendjwa Peter.

Philippi sagt verwundert „Aha?“, schaut ins Publikum, versteckt sich zögernd hinter einer Wand. Reale Menschen, in einer virtuellen Welt?

Der Mensch als Bild

„Akzeptieren Sie, dass sie ein Bild sind“, mahnt Philippi und beschreibt die Wirklichkeit der digitalen Kommunikation mittels Laptop. Gegenüber dem Bild hat der Körper keine Chance. Und der Bildschirm beim Meeting per Laptop kann eben nicht den ganzen Menschen zeigen.

Es kann aber auch nur ein Video sein, dass von der KI erzeugt wurde, zweifelt jemand.

Online-Meetings – hunderte Milliarden in  0 und 1 codierten Zeilen, die eine schnelle Rechenmaschine zu bewegten Bildern und gesprochenen und  geschriebenen Sätzen auf einem Bildschirm zusammen fasst.

Es ist ein Meeting  mit den Darsteller:innen, beispielsweise dem  Autor in seiner Küche mit dem Kinderspielzeug, der über seinen Roman spricht – und später zugeben muss, dass sein Text von einer KI , von Künstlicher Intelligenz, vorformuliert wurde. Sehr realistisch eben. Darsteller Thomas Hauser spricht zudem in mehreren Szenen sogar Japanisch.

Und alle sind ja auch mit etwas anderem beschäftigt. Sonja Beißwenger befeuchtet  während des Meetings ihren Bonsai mit der Sprühflasche, der hinreißend agierende Kilian Ponert im ersten Stock des Bühnenbilds hält den Laptop, auf dem Rücken liegend,  artistisch mit den Füßen und Zehen hoch. Er beschwert sich zudem, dass er ein billiges Zimmer gemietet hat ohne schnelles W-Lan, auch das eine sehr realistische Beschreibung in Deutschland. Ponert ist auch derjenige, der irgendwann ausflippt und schließlich nackt auf dem Balkon tanzt.  Blanka Winkler sitzt mit ihrem Laptop inmitten von Umzugskartons. Sie hat die alte Wohnung gekündigt, weil sie dort einen Geist in der Küche vermutete.

Alles ganz normale Menschen von Heute also. Die sich aber nur auf den Bildschirmen ihrer Rechner begegnen. Menschen als 14-Zoll-Video.

Alle Schauspieler und Schauspielerinnen zeigen, während sie sprechen, maschinenartige, abnorme Pantomimen und seltsam anmutende Bewegungen, die auf die Absurdität dieser Form der Kommunikation hinzuweisen scheinen.  Ihr Ursprung liegt vielleicht im japanischen Kabuki-Theater.

Der Mensch als Maschine

 „L`homme machine“ ist der Titel eines französischen Aufklärers Julien Offray de La Mettrie, der übrigens 1751in Potsdam starb: Der Mensch als Maschine. Online-Meetings – Milliarden von in  0 und 1 codierten Zeilen, die eine schnelle Rechenmaschine zu bewegten Bildern und gesprochenen und  geschriebenen Sätzen auf einem Bildschirm verarbeitet.

Es gibt ja auch die Möglichkeiten, falsche Hintergründe beim Online-Meeting einzuspielen, Fotos von Gärten oder hübsche Meeresufer. Dazu braucht es gar keine KI / AI.  Bei Online-Interviews im Fernsehen ist oft zu sehen, dass die Gesprächspartner den Hintergrund per Programm unscharf halten.  Surreal.

Szenen und Texte von „Homeoffice“ zeigen eine gut beobachtete und umgesetzte Welt, mit vielen witzigen Dialogen und Szenen. Toshiki Okada hat eine Bühnen-Welt kreiert, wie sie  wenige Meter vom Schauspielhaus entfernt auch in den dortigen Büros Alltag sein kann.

Die großartige Leistung von den sieben Darsteller:innen, ein sehr aktueller Text und seine gekonnte Umsetzung kann sicherlich auch die große japanische Community in Düsseldorf begeistern.

Besetzung

Mit: Sonja Beißwenger, Thomas Hauser, Belendjwa Peter, Rainer Philippi, Kilian Ponert, Claudius Steffens, Blanka Winkler

Text und Regie Toshiki Okada

Bühne Ansgar Prüwer

Kostüm Tutia Schaad

Musik Kazuhisa Uchihashi

Licht Jean-Mario Bessière

Dramaturgie Matthias Lilienthal, Makiko Yamaguchi, Robert Koall

Homeoffice von Toshiki Okada - Aus dem Japanischen von Andreas Regelsberger auf Deutsch mit japanischen und englischen Übertiteln,

Weitere Termine:

Freitag,  26.April , Samstag, 4. Mai, Dienstag,  28. Mai und weitere

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www.dhaus.de