„Aus dem Nähkästchen“ kennzeichnet den Abend. Hanna Werth pult aber auch aus einem der drei 50er-Jahre Sessel Socken – Lieke Hoppe hat die „Kuschelsocken“ mitgebracht. Das Bühnenbild wurde extra für die kleine off-show eingerichtet (wie haben die ein Himmelbett mit dicker Matratze in den Keller bekommen?). Kuschelig ist es, sehr ehrlich und offen im „Unterhaus“ bei gut zwei Stunden Vorstellung der beiden Schauspiel-Kolleg*innen.
Es gibt auch Alkohol wie bei einer echten Late-Night Show, der wird mit Hilfe aus dem Publikum gemixt: Es ist ein Cocktail mit Eiern („Wer kann hier sauber Eier trennen?“), Wodka und Wermuth und – nach Lieke Hoppe benannt. In echt, in einer bekannten Cocktailbar in Friedrichstadt. Lieke Hoppe erzählt, wie sie nach Düsseldorf kam vor dreieinhalb Jahren, und in der Bar dann irgendwann zum Barmann meinte, er solle doch mal … und nun gibt’s da den „Lieke Hoppe“. Dazu läuft ein kleines Video vom Barmixer.
Da sitzen Sie locker in den Sesseln, und Hanna Werth bringt die beiden mit kleinen Frage-Antwort Spielen dazu, von sich zu erzählen. Wovon träumen Schauspieler*innen ? Wenn sie schlecht träumen, von verpassten Auftritten. Oder auf der Bühne stehen und den Text nicht kennen. Lieke Hoppe erzählt das, als Hanna Werth sie fragt.
Irgendwann müssen alle drei auf das Himmelbett. Und wie mögen sie ihr Frühstück? Hanna Werth kommt mit einem Tablett, alles da, Croissants, Milch, Kaffee – schmeckte übrigens bestens, der Rezensent bekam auch einen von Lieke Hoppe kredenzt (und gegen Ende noch einen, lecker!). Und man plaudert, wen man als Teen so überm Bett als Poster hängen hatte ... Lieke Hoppe ist jung, Jahrgang 1994, da hing mit 14 Tokyo Hotel an der Teenager-Wand, bei Serkan Kaya (Jahrgang 1976) war es Pink Floyd .. oder doch Deep Purple ?
Serkan Kaya (stammt aus Leverkusen) macht beim Improvisierten auf dem Bett vor, wie bei ihm zu Hause geweckt wird: Zwei Kinder kann der Vater mit zwei Händen auf Distanz halten, drei Kinder nicht mehr … Lieke Hoppe stammt aus Bremen, das Meer, die Nordsee muss sie mindestens einmal im Jahr sehen, erzählt sie später, kuschelig auf dem Bett.
Das Publikum kann dann aus nummerierten Briefumschlägen auswählen, welche Dönekes jeweils einer/ eine aus ihrem Leben erzählen sollen. Und die beiden anderen müssen in 60 Sekunden (gestoppt vom Publikum) herausfinden, ob`s wahr ist oder erfunden. Serkan Kaya etwa erzählt, er sei Leistungsschwimmer gewesen. Stimmts? Ja! Als Junge war er in Leverkusen im Schwimmverein, bis hin zu Wettkämpfen. Zweite Geschichte: Er hat in einer Pferdemetzgerei Fleisch verkauft. ???? Nein, stimmt nicht. Auch wenn er das sehr glaubhaft erzählt, klar.
Lieke Hoppe hat einmal jemand drei Zähne ausgeschlagen. Stimmts? Hat keiner geglaubt, stimmt aber: Auf der Schauspielschule, mit einer Stuhllehne, den sie beim schnellen Aufstehen dem Hintermann ins Gesicht schlug.
Und wie sind die beiden mal am härtesten aufeinander getroffen? Lieke Hoppe und Serkan Kaya spielen beide in Arthur Millers »Ein Blick von der Brücke« (Regie: Armin Petras). In einer Szene gibt es Streit, eine Ohrfeige. Beide wollten das sanft in den Proben, der Regisseur meinte aber : Dann können wir es auch lassen ... und in einer Aufführung passierte es dann: Serkan Kaya macht vor, wie der Unterarm von Lieke Hoppe ihn erwischt. Beide müssen lachen, Lieke Hoppe meint, sie habe nachts im Spiegel noch die Röte im Gesicht gesehen …
Alle drei sitzen schließlich auf dem Boden, singen „einen Song für Nachtschwärmer“ (Hanna Werth), und „wake me up, before you go-go“ zeigt dann, welch wirklich starke Stimmen da in Düsseldorf auf der Bühne stehen. Serkan Kaya hat übrigens Musical und Schauspiel zugleich studiert. Er improvisiert ein wenig zum Keyboard.
Als Lieke Hoppe schließlich um halb elf, auf dem Bett sitzend, mit jazziger Stimme „Sommertime“ hinreißend improvisiert, gibt’s Gänsehaut im theaterbegeisterten Publikum. Und langen, warmen Applaus für den gelungenen, fast privaten Abend „off off the reccord“.
(Autor Jo Achim Geschke)
Das Konzept „Unterhaus“
Die Idee hatte laut Schauspielhaus der Dramaturg Frederic Tidèn, er hatte Hanna Werth als Moderatorin erlebt. Die fragte Kolleginnen, die fanden es gut, und so kam es zum „off-off the record“. Im Januar gibt’s neue Gäste.
Das „Unterhaus“ wird von Schauspieler*innen des Ensembles bespielt, da werden nicht nur Schauspieler*innen interviewt, da geht’s um Feminismus (am 22.11.), Kunst (am 16.11.) oder um Rap und Experimentelles und Schräges und ...
Mehr und Termine bei www.dhaus.de/unterhaus