Regisseur Seeger-Zurmühlen und Dramaturgin Juliane Hendes verwandeln die Fabel Wilhelm Hauffs in ein Gewinnspiel à la Privatfernsehen. Die Kulisse: Touristenwerbung mit trügerischer Schwarzwaldidylle und den unvermeidlichen Hüten mit roten Bommeln. Schon vor Beginn ruft es „Kuckuck, Kuckuck“, die Kuckucksuhr kommt auch später auf die Bühne. Es ist der Wettlauf um Reichtum, der angeblich Ansehen schafft, auf die Bühne des Central gebracht mit einem Boden voller Geld. Kupfergeld. Es sind nicht die Maschmeiers, Ackermanns, oder Middelhoffs, die da groß herauskommen wollen mit viel Geld – es sind fragile Startups, junge Selbstständige mit kaum vermeidbaren Schulden, geschiedene Frauen ohne Ehevertrag, die auf den Schulden ihrer Männer sitzenbleiben. Sie sind vielleicht wegen des Geldes vermeintlich gefallen, aber sie sind wieder aufgestanden.
„Wir spielen heute um das liebe Geld – oder das böse“ verkünden die jungen Moderator_innen. Acht Düsseldorfer werden also um das große Geld spielen. In Hauffs „Märchen“, entstanden in der beginnenden Industrialisierung und also einer Zeit der großen Verunsicherung wie heute auch, schildert den Kohlenbrenner Peter Munk aus dem Schwarzwald, der viel Geld haben möchte,um anerkannt zu sein, und dafür beim Holländer Michel sein Herz hergibt und dann einen Stein in seiner Brust hat. Auf der Bühne lassen sich die Darsteller_innen im TV-Spiel um Geld von den beiden Moderator_innen vor sich hertreiben auf der Jagd nach dem Geld.
Kinder als Moderator_innen für ein TV-Spiel – besser kann niemand die Irrwitzigkeit von TV-Shows vorzeigen.
Im Spiel ums Geld, dass sie gierig und sinnlos in Kisten scheffeln oder mit dem hantieren von Kuckucksuhren gewinnen wollen, kommen die Laien-Darsteller zu ihren eigenen Geschichten und so zu Sinnvollem. Es ist ein Gewinn-Spiel, bei dem niemand gewinnt. (Im Fernsehen allerdings die Macher.) Aber sie gewinnen ihre eigene Geschichte und damit eine andere Sicht aufs Geld.
Da zuckt wohl mancher zusammen, wenn eine Darstellerin aus gar nicht kaltem Herzen betont: „Ich wünsche mir 2000 Euro“. Wo doch Millionen die Sehnsucht bestimmen – vermeintlich.
Da ist der Banker, der inzwischen seinen Job in Frage stellt und gekonnt am Klavier zeigt, wo seine eigentlichen Ideale liegen. Da ist die promovierte Frau, die als einst erfolgreiche Selbstständige plötzlich auf den Schulden ihres Ex-Mannes sitzen bleibt und sich mühsam herauskämpft. Da ist die freiberufliche Texterin, die schuftet mit roten Zahlen auf ihrem Konto und mit all den Krediten nicht mehr klar kommt. Und da ist der ehemals Wohnungslose, der mit Geld nicht klar kam und in einem Tunnel lebte – mit Hilfe von Freunden heute aber eine Wohnung und einen Job hat …
Eine Aufführung, die Hauffs Märchen äußerst gelungen modernisiert und in die Jetztzeit transponiert mit ihren fragwürdigen Werten von Erfolg und Ansehen. Und die mit den Schicksalen der Darsteller – ganz normalen Menschen aus unserer Stadt – vielleicht keine einfachen Antworten gibt, aber sehr zum Nach-Denken anregt. Minutenlanger, sehr verdienter Applaus.
(Autor: Jo Achim Geschke)
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