Das Sparschwein / Die Kontrakte des Kaufmanns , ein Vaudeville plus Texte von Elfriede Jellinek

Immer schön sparen und die Banker tanzen Cancan: Vaudeville „Das Sparschwein“ plus Jellineks Die Kontrakte des Kaufmanns im D Haus

Von Jo Achim Geschke |

Das Sparschwein, D Haus

„Das Sparschwein“ …. Mit Orlando Lenzen, Sarah Steinbach, Charlotte Schülke, Elias Nagel, Luise Zieger / Foto © Thomas Rabsch/ D Haus.

Das Sparschwein muss dran glauben, denn„Wir fahren nach Paris“, und schon legen sie los, mit einem wilden Cancan á la Offenbach mit dem Federbusch auf dem Kopf – aber in langen schwarzen Hosen, weißen Blusen und Hemden. Denn die höchst talentierten acht Studierenden des Schauspielstudios spielen ja nicht nur die Franzosen aus der Provinz – sie sind auch die Banker und Spekulanten, die viel Geld versprechen – „15 Prozent!“ lockt Cocarel/ Jule Schuck – und dann doch, upps, eine Pleite hinlegen. Aber weitermachen mit dem Geld der Anderen. Und so kommt zum Cancan der Belle Époque die bitterböse Abrechnung Elfriede Jelineks mit der Bankenkrise 2008 und dem Finanzspekulationen.

Regisseur André Kaczmarczyk gelingt es mit den neuen Studierenden, ein schmissiges Vaudeville von Eugène Labiche hinzulegen und den harten Text Jelineks darin fast nahtlos einzuarbeiten. Labiche war eine Größe des Vaudeville, er starb 1888.

Die Studierenden der Leipziger „Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy“ setzen jetzt ihr Studium für zwei Spielzeiten aktiv  in Düsseldorf fort. Sie steigen ein in das Vaudeville,  durchaus ein oberer Schwierigkeitsgrad, wenn die Komödie, die Posse, die Komik nicht in billigen Klamauk abkippen soll.

„Mittellos durch die Nacht“

Immer aber gibt es im etwa 1840 entstandenem  Vaudeville zeitgenössische Schlager. Auf der Bühne im DHaus  hat Matts Johan Leenders kongenial für Musikzitate gesorgt, von Abbas „Money Money  (In the rich man′s world)“ über Mireille Mathieu oder „Je tàime …“ mit Jane Birkin und Serge Gainsbourg oder „Mittellos durch die Nacht“ nach Helene Fischer.

Das „Moulin Rouge“

Und damit klar ist, wohin es geht, wird eine Kuh mit dem kleinen Modell des allbekannten „Moulin Rouge“ über die Bühne geschoben. Nach Paris also - die Gruppe aus der französischen Provinz hat ihr Sparschwein geschlachtet und schwärmen davon, was sie von den 490 Franc (ja, damals eben) alles kaufen wollen. Das geht daneben, klar, erst recht, als sie mit Tüten aus Modeläden in einem nicht ganz ehrlichen Restaurant essen wollen. Schließlich steht bei den Provinzlern mit wenigen Sous im Portemonnaie eine getrickste Rechnung über 537 Franc aus.  Die sie überhaupt nicht haben.

(Heute kostet übrigens eine Dinner-Show im „Moulin Rouge“ mit Essen und Drink , auch alkoholfrei,  225 Euro. )

Es kommt also der Kommissar (superb: Charlotte Schülke!), und alle müssen ins Gefängnis. Da treffen sie auf die skrupellose Finanzmaklerin mit ihren zynischen Versprechungen von hoher Rendite und Reichtum.  

Herrlich auch Michael Fünfschilling, der als eine Art Pfauenauge -Schmetterling vom Geld säuselt: Das Geld „ist nicht alles, aber es ist alle“.

Alle Studierenden des Schauspielstudios zeigen dazu schnelle unisono Gesänge zu viert oder gar acht. Beeindruckend die Kostüme und Masken, mit denen Sarah Steinbach als Hydra auftritt,  als Finanzspekulation mit den vielen Köpfen, die nachwachsen (Kostüme Martina Lebert).

Léonida, Schwester von Bauer  Champbourcy (Sarah Steinbach) will schließlich bei der Heiratsvermittlerin (auch Jule Schuck) einen tollen Franzosen heiraten und bekommt ihren Bruder vorgesetzt. Gegen viel Geld, klar, die Regeln des Kapitalismus sind eindeutig.

Nichts Nichts Nichts

Aber die Finanzspekulant:innen machen weiter, „Ich bin der Weg, die Wahrheit …“ sagt das Geld, und die Spekulatin „300.000 Euro, alles futsch“.

Das Geld ist irgendwann weg, verspekuliert, und  auf der Bühne wird deutlich, wohin diese Armut und Ausweglosigkeit  führt: In Brutalität, Schlägerei, ja sogar einen Totschlag.  Die Tat mit der Axt zum Schluss, als eine ganze Familie ausgelöscht worden sein soll, kommt von einem realen Verbrechen der Zeit.  

Ihnen gehört „Nichts, Nichts, Nichts“ skandiert der Chor, und „von Nichts kommt nichts“.

Philosoph Joseph Vogel im aufschlussreichen Interview mit Dramaturgin Janine Ortiz im (empfehlenswerten) Programmheft:  „Das Sparschwein von Labiche ….. ist auch eine Konsumentensatire und in diesem Sinne recht aktuell. Man sollte nicht vergessen, das es dem Kapitalismus gelungen ist, die meisten Leute zu Mitspielern zu erziehen, zu leidenschaftlichen Konsumenten und Konsumentinnen, die in die Warenwelt verliebt sind und auf ihr Recht auf Konsum pochen.“

Langer Beifall für die gelungene Premiere der jungen Studierenden vom Schauspielstudio.

Besetzung

Champbourcy, Handwerksmeister: Michael Fünfschilling

Léonida, Schwester von Champbourcy : Sarah Steinbach

Blanche, Bauerntochter: Luise Zieger

Colladan, reicher Bauer: Elias Nagel

Cordenbois, Apotheker / Polizist: Roman Wieland

Cocarel, Heiratsvermittlerin : Jule Schuck

Sylvain, Bruder von Colladan / Félix, junger Notar / und

Béchut, Kriminalbeamter:  Charlotte Schülke

Benjamin, Kellner : Orlando Lenzen

Regie: André Kaczmarczyk

Musik: Matts Johan Leenders

Bühne: Sabine Mäder

Kostüm Martina Lebert

Can-Can-Choreografie: Bridget Petzold

Licht: Konstantin Sonneson

Dramaturgie: Janine Ortiz

Weitere Aufführungen:

So, 10.03. / 18:00 – 20:00

Schauspielhaus, Kleines Haus

So, 24.03. / 18:00 – 20:00

Mo, 01.04. / 16:00 – 18:00

Fr, 19.04. / 20:00 – 22:00

Mehr Infos : www.dhaus.de