Mit der „Johanna to go“, nimmt das Schauspielhaus dankenswerter Weise eine sehr beliebte Form des Theaters in der Stadt auf. In den vergangenen Jahren überzeugten in Kirchen und Freizeiteinrichtungen etwa „Faust to go“ oder „Nathan to go“, mit denen das Theater erklärter Weise mitten in die Stadt kommen wollte.
Diese Johanna hadert mit ihrer Rolle als Frau, wäre doch besser als Mann geboren, dann hätte sie weniger Schwierigkeiten. Auf der kleinen Bühne, durch die Kleinheit mit einem minimalistischen Bühnenbild, findet Johanna durch eine Verkündigung und einen Helm zu ihrer Bestimmung, Frankreich vor der Eroberung durch die Engländer zu retten, die bereits vor Orléans an der Loire stehen. Sie kann den Herrscher überzeugen, weil sie ihn trotz Täuschungsmanöver erkennt, und wird in die Schacht ziehen.
Um Johanna herum das Personal des Stücks, das von nur vier Schauspieler:innen dargestellt wird, die in immer neue Rollen schlüpfen. So wird der Vater (Jürgen Sarkiss) zum Grafen oder zum Englischen Feldherrn – alles durch einen einfache, aber ausdrucksstarken Kostümwechsel auf der Bühne.
Die hinreißend spielende Fnot Taddese ist als Weibchen die Geliebte Karls, im schwarzen Wams Herzog von Burgund und vor allem Johannas Vertraute. Und auch Moritz Claus überzeugt als französischer Offizier ebenso wie als Engländer.
Studierende der Hochschule für Musik und Theater
Moriz Claus und auch die großartige Johanna sind beide noch Studierende des Schauspielstudios Düsseldorf der Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Batholdy« in Leipzig und absolvieren hier den letzten Teil ihres Schauspielstudiums.
Und während der Toningenieur im hallenden Kirchenschiff große Schwierigkeiten hat, rast Johanna über die imaginären Schlachtfelder, besiegt die Engländer und muss doch scheitern. Das ist zum Teil in einer Videoaufnahme von ihrem Gesicht als Monolog zu sehen. Sie scheitert, weil sie – bei Schiller – sich verliebt und damit in kantscher Philosophie eher der Neigung als der Pflicht folgt.
Langer Applaus für die ausgezeichneten Darsteller:innen und die gelungene mobile Inszenierung.
Eine andere Sichtweise
Die echte Johanna wird von den kirchlichen Oberen angeklagt und schließlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt. 1920 sprach die katholische Kirche Jeanne d'Arc heilig und vergab ihr ihre Taten vor Gericht. Fraglich, warum man ihr und nicht der Kirche vergeben musste.
Die Inszenierung folgt dem (gekürzten) Text der Schillerschen Tragödie. Aber eine andre Sichtweise könnte 2023, gerade nach den Erfahrungen der vergangenen drei vier Jahre, durchaus möglich sein.
Eine junge Frau stellt sich unbeeindruckt vor die Mächtigen, die dabei sind, zu verlieren, und stellt klar, dass ihre Informationen zu besseren Verhältnissen führen werden. Die junge Frau bricht mit Konventionen, wird verlacht, dann von einigen anerkannt, von Rückwärtsgewandten jedoch gehasst. Und in den digitalen Medien als Hexe bezeichnet und Schlimmeres.
Wir kennen das heutzutage von einer 20-Jährigen (Greta Thunberg), von einer 26-Jährigen Luisa Neuberger, und anderen kraftvollen Frauen: Carla Reemtsma (20), oder Professorin Claudia Kemfert, die bald ihr neues Buch zum Klimawandel vorstellt. Alle führen mehr oder weniger den Entscheider:innen in der Politik und der Wirtschaft – wie gerade beim Wirtschaftsgipfel in Davos – vor Augen, dass diese die Schlacht ums Klima verlieren und uns alle gefährden werden, und sie haben zwar nicht den lieben Gott, aber die Erkenntnisse vieler Wissenschaftler:innen auf ihrer Seite
Auch heute, heißt es im Programmheft von einer Journalistin, gibt es junge Menschen, „die sich im Namen ihrer Überzeugung viel mehr trauen als anderen“, die vor internationalen Gremien sprechen, die Konfrontation mit Autoritäten wagen, die mit Regelverstößen eine lange Nachwirkung erzielen – für die Gesellschaften unseres Planeten. Glücklicherweise müssen sie nicht aufs Schlachtfeld. Aber was sie anmahnen, kann durchaus tödlich sein.
Schillers Drama von 1801 müsste also heute recht eigentlich anders auf die Bühne kommen – aber das kann ja noch werden.
Besetzung:
Johanna d’Arc: Caroline Cousin
Karl der Siebente, König von Frankreich / Königin Isabeau, seine Mutter / Montgomery, ein Walliser: Markus Danzeisen
Raimond, Johannas Vertrauter / Agnes Sorel, Karls Geliebte / Herzog Philippe von Burgund: Fnot Taddese
Thibaut d'Arc, Johannas Vater / Graf Dunois, Bastard von Orléans / Talbot, Feldherr der Engländer: Jürgen Sarkiss
Bertrand, ein Landmann / La Hire, französischer Offizier / Lionel, englischer Anführer: Moritz Klaus
Regie und Video: Robert Lehniger
Bühne: Irene Ip
Kostüm:Tutia Schaad
Musik: Philipp Johann Thimm
Dramaturgie: Beret Evensen
Weitere Aufführungen:
So, 22.01. / 18:30 - 20:15
Kreuzkirche Pempelfort, Collenbachstraße 10
Karten im Gemeindebüro unter Tel.: 0211. 948 270
Fr, 27.01. / 20:00 - 21:45
Christuskirche, Kruppstraße 11
Karten unter www.emmaus-duesseldorf.de/johanna
Fr, 24.02. / 20:00 - 21:45
Kulturhaus Süd / Freizeitstätte Garath, Fritz-Erler-Straße 21
Karten unter: www.ztix.de oder in der Freizeitstätte Garath
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