Shakespeares König Lear mit Burghart Klaußner im Schauspielhaus Düsseldorf

König Lear gekürzt oder die Töchter Lears und das Scheitern der Liebe in machtvollen Zeiten

Von Jo Achim Geschke |

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König Lear, Narr Anne Müller und Lear Burghart Klaußner, / Foto (C) Thomas Rabsch, D Haus

In dieser Inszenierung von Regisseur Titov und Dramaturgin Janine Ortiz stehen die drei Schwestern im Vordergrund und auch der treue Berater von Lear, Graf von Kent, ist eine Frau ( Manuela Alphons). Dafür kürzt Titov das Parallel-Drama um den Grafen Gloucester und Edmund weitgehend raus. So stehen im Mittelpunkt um den „alten bösen Mann“ (so Lear selbst) die Intrigen der Schwestern, die Liebe der dritten Tochter Cordelia und der Wahnsinn des König Lear als „alter böser Mann“ , der verrückt wird und schließlich neben seiner doch geliebten Tochter Cordelia stirbt. So wird King Lear zum Drama mit möglichem Titel „die Töchter des Königs Lear“.

Ein König Lear in „Tatort“-Länge von einer Stunde 45Minuten. Großartig das Bühnenbild (Etienne Pluss): Auf der Drehbühne erhebt sich meterhoch  majestätisch der Thron und die mittelalterlich bis barock anmutende Sitzreihe des Chorgestühls. Dreht sich die Bühne, erscheint eine angedeutete Szenerie außerhalb einer Burg oder einem Schloss, und die Heide ist eine vermüllte Szenerie. Dabei kippt das Bild und verbindet alte und Jetzt-Zeit, denn in der vermüllten Ecke  stehen nicht Holzkübel, sondern blecherne Mülltonnen und ein Kinderfahrrad.

Zwei Töchter des Lear tragen schwarze Reifrock-Kostüme, nur die dritte, Cordelia, trägt weiß – zunächst. Ihre Heirat mit dem französischen  König und ihre Rückkehr wird hier nicht ausgespielt.

Weil er alt wird, und die Macht abgeben will, teilt  Lear teilt sein Reich in Drittel, jedes für eine Tochter vorgesehen, wenn sie denn ihm ihre Liebe zeigen. Doch nachdem zwei der Töchter ihm geschmeichelt haben, fehlen Cordelia (ausgezeichnet Jule Schuck ) die richtigen Worte. Sie, die ihn wirklich liebt, argumentiert eher rational.  Lear aber stößt sie den Thron herunter und verbannt sie.

Beeindruckende Cordelia

Die Töchter verbünden sich  gegen den alten König, weil sie ihm misstrauen  und ihnen ihre Macht näher ist als ihre Reifröcke.  Sie verbünden sich mit Edmund (Valentin Stückl mit Sixpack), der sich als äußerst egoistischer Opportunist zeigt.

Cordelia taucht in Armut und Müll wieder auf. Jule Schuck spielt beeindruckend die zitternde Wahnsinnige vor dem abgedankten König, der jetzt in einfachem Hemd und Hose dasteht.  

Die Töchter bringen sich in diesem Drama  letztlich gegenseitig um, und der intrigante Edmund tötet Cordelia und kann sich Hoffnung auf das Königreich machen.

Burghart Klaußner souverän

Burghart Klaußner spielt diesen König, diesen alternden Mann im Verlust der Macht, gewohnt souverän. Mal reflexionslos herrisch, mal orientierungslos. Klaußner schreitet  hahnenstolz  einher oder trippelt wie ein betagter Mann durch  den Müll. Kritisiert wird dieser Lear nur vom Narren -  hier mitreißend und Klaußner / Lear ebenbürtig gespielt von Anne Müller, die man gerne öfter sehen würde in Düsseldorf.

Dieser Lear ist durchaus ein gescheiterter Machtmensch. Aber am Ende setzt sich bei ihm doch eine idealisierte Liebe durch. Ein hoffnungsvoller Ansatz in Zeiten von Krieg und grausamer Politik. Aber dass Lear letztlich in Liebe zu seiner Tochter endet, die ja ihn geleibt hat – ist wohl eine Hoffnung die wohl  in zeiten wachsender Wehretats und menschenverachtender Politik nicht wirkt. Lear  lobt die Liebe, obwohl er sie mit Cordelia verbannt hatte, aber alle die in diesem Stück lieben, die enden allein.

King Lear ist schon zum Mythos geworden, gilt überhöht als die Meisterklasse für Schauspieler, was Titov und Klaußner im Interview (Programmheft) deutlich relativieren.    Dieser König  als entmythologisierter Lear ist eine Interessante Uminterpretation des so oft gespielten Lear, die aber am Ende nicht restlos begeistern kann. Obwohl die Schauspieler*innen großartig  aufspielen, und vor allem Anne Müller als Narr und die junge Jule Schuck als Cordelia.

Langer Beifall.

 Besetzung

König Lear Burghart Klaußner

Goneril Jenny Schily

Regan Friederike Wagner

Cordelia Jule Schuck

Kent Manuela Alphons

Edmund Valentin Stückl

Narr Anne Müller

Regie Evgeny Titov

Bühne Etienne Pluss

Kostüm Esther Bialas

Musik Moritz Wallmüller

Licht Konstantin Sonneson

Dramaturgie Janine Ortiz

Dauer 1 Stunde 45 Minuten — keine Pause

Termine und Karten-Bestellung unter

www.dhaus.de