Orlando nach Virginia Woolf - Premiere im Schauspielhaus

„Orlando“ nach Virginia Woolf oder Man(n) wird zur Frau gemacht

Von Jo Achim Geschke |

Orlando D'Haus

„Orlando“ v.l. Claudia Hübbecker, Joscha Baltha, Rainer Philippi, Cathleen Baumann, Mehdi Moinzadeh, Cennet Rüya Voß/ Foto © Sandra Then, D´Haus

Orlando von Virginia Woolf wurde 1928 geschrieben, der Roman ist auch heute noch aktuell, was viel über die sogenannte Entwicklung der Männerwelt aussagt. Woolf lässt diesen Orlando über etliche Epochen durch die Zeit reisen, wobei der Orlando zu die Orlando wird, zur Frau. Im Kleinen Haus des Schauspielhauses bringt Regisseur André Kaczmarczyk mit einem hervorragenden Ensemble den als Roman bekannten „Orlando“ als vielfältiges Stück in eigener Bearbeitung auf die Bühne.

Das Ensemble zeigt wieder mal sein hohes Niveau: Cennet Rüya Voß ist als Orlando eine mal ironische, mal lyrische Top-Besetzung. Hinreißend Rainer Philippi schon im ersten Auftritt, wenn Philippi als Königin Elisabeth I. ihren Liebhaber Orlando überrollt oder als meckernde Haushälterin Orlandos daherstöckelt, oder als  Dichter „Mr. Addison“ die Mundwinkel hängen lässt, ist das besser als viele „interludes“. Cathleen Baumann glitzert als Russische Eis-Gräfin, aber verblüffend als Dichter Green oder als Swift zeigt sie den Kern, die Geschlechterrollen, die Virginia Woolf geißelte und deren Absurditäten mit Ironie immer wieder vorführte. Oder abgewandelt mit de Beauvoir: Man(n) wird zur Frau gemacht …

Ein Erlebnis ist die Sängerin, die schon zu Beginn mit ihrer kraftvollen Rock-Stimme aufhorchen lässt : Amy Frega. Die Sängerin hat ihren Master in Gesang an der  Robert Schumann Musikhochschule Düsseldorf gemacht und tritt sowohl in Opern-Produktionen (Hochzeit des Figaro)  als auch in Jazz-  und eigenen Konzerten auf.  Die Liedteste im „Orlando“ stammen von André Kaczmarczyk.

Die Musik stammt von Matts Johan Leenders, der die Live-Musik von oben aus dem Schnürboden herab spielt mit Max Hilpert und Mathias Höderath. Leenders war bereits musikalischer Leiter  bei den Liederabenden »Heart of Gold«, »Boys don’t cry and girls just want to have fun« und »I build my time« am Düsseldorfer Schauspielhaus.

Wenn der geneigte Zuschauer sich darauf einlässt, ist dieser fast 3 Stunden lange „Orlando“ ein Theater-Erlebnis, schon wegen des ausgezeichneten Ensembles.

Virginia Woolf schrieb „Orlando“ auch als Liebeserklärung an die Freundin und Schriftstellerin Vita Sackville-West. Sie lässt den Adligen Orlando von Konstantinopel (heute Istanbul) über die Jahrhunderte hinweg reisen, wobei Orlando zwischendurch zur Frau wird. Und die Vorurteile der (damaligen und der heutigen? ) Gesellschaft kennenlernt.

Kritik

Das Stück will zu viel : Schriftstellerin-Problematik, Gender-Problem, Stellung der Frau in den Epochen,  Identitätsproblematik ….  Und die Handlung im Roman, dieses Wandern durch die Epochen als der Orlando und die Orlando, ist im Roman ja nicht nur das Wichtigste, sondern die Reflexion und Darstellung der Gesellschaft. Das hätte / könnte eine Dramatik tragen, wenn es denn gekürzt würde. Einen Text von Virginia Woolf mit all den Anspielungen auf englische Literatur, auf die Rolle der Frau und die Ironie, mit der Woolf ihre Zeit beschriebt – das als Theater auf die Bühne zu bringen, ist schon eine Aufgabe…

Es ist bei alledem aber ein hoch interessantes und – mit Blick auf die Situation der Frau heute – leider auch immer noch ein hoch aktuelles Stück.

Noch ein Lob

Viel zur gelungenen Atmosphäre des Stücks tragen die ausgezeichneten Studierenden des Physical Theatre der Folkwang Universität der Künste bei (Milena Cestao Kolbowski, Belendjwa Peter Ekemba, Carla Wyrsch oder Nina Zorn).

Sehr langer verdienter Applaus.

Weitere Vorstellungen am Mo, 07.03. / 19:30 Uhr, So, 13.03. / 18 Uhr , Di, 29.03. / 20 Uhr,

Karten und weitere Termine unter www.dhaus.de