To do or not to do – Premiere im Schauspielhaus

Wie viele Post-it kleben denn bei Ihnen? – „To do or not to do“ Premiere

Von Jo Achim Geschke |

To do or not to do

Post-it Zettel an den Fenstern zum Hof (Garten) bei „To do or not to do“ im Foyer des Schauspielhauses. / Foto © Sandra Then , D`Haus

Na, wie viele Post-it haben Sie denn so an ihrem Bildschirm? Bei manchen Menschen stapeln sich die Aufgaben vor ihnen wie die Post-ist an den Fenstern zum Hof-Garten im Foyer des Schauspielhauses. Aber all diese Tätigkeiten, all ihre Aufgaben – sind die sinnvoll? Ergibt das Sinn? Sind sie mit ihren Tätigkeiten glücklich, oder könnten wir alle vielleicht nur 3 Tage in der Woche arbeiten? Das fragt das Team „Turbo Pascal“ die Zuschauer:innen an 14 Tischen bei der Performance „To do or not to do“. Und so manche Frau, mancher Mann fragt sich das nach der Vorstellung auch

Und das ist im besten Sinn Theater heute. Während die Freunde des unverändert Bestehenden eben dieses feiern und was nettes, erbauendes im Theater erleben wollen, kommt die Gruppe „Turbo Pascal“ mit Fragen zur Vorstellung, die eigentlich jeden/ jede längst bewegen. Und so kam das überwiegend junge Publikum (geschätzt zwischen 20 und 45) an den 14 Tischen ins Gespräch – über den Job, über den Stress, über Ärger und sinnlose Tätigkeiten.

„Ich schreibe Anträge auf Fördermittel und habe immer den Eindruck, das liest wieder keiner“, erzählt etwa eine junge Frau.

Sie hat 12 Punkte  auf Post-it aufgeschrieben, die sie nächste Woche erledigen soll/ muss. Ohne die E-Mails, die sind heutzutage alltäglich, zählen nicht mit.

Aber von Anfang an:

Das Publikum wird im schönen Foyer des Schauspielhauses von den vier Mitgliedern von „Turbo Pascal“ zunächst in Gruppen gesammelt, die bekommt eine Erklärung, was kommt. Ohne Smartphone geht da nichts, es ist eben ein aktuelles Stück.  Über W-Lan und einen QR-Code können alle später kurze Aufgaben per Telefon abrufen.

Vor den aktiven Zuschauer:innen liegen Stapel von Post-its in vier Farben. Darauf sollen, beginnen die vier von „Turbo Pascal“ den Abend,  die Aufgaben für die nächste Woche geschrieben werden. Bei manchen sind das 12 und mehr.

 Eine der „Turbo“- Akteurinnen sammelt einige Zettel ein und liest vor: Fenster putzen, Studienort für Tochter überlegen, Wein besorgen, Schulfest vorbereiten …. Und an der Mittelsäule im Foyer kleben Hunderte kleiner Zettel: Waren aufladen, für Prüfung lernen, Katzenklo säubern …

Es sind sehr unterschiedliche Aufgaben, Manche arbeiten 23 Stunden pro Woche, andere 34 Stunden, eine Lehrerin an die 50 Stunden sogar …

Angeblich arbeiten wir so 8 oder 8 ½  Stunden, aber vorher, nachher, was ist damit? E-Mails am Abend, die nerven am meisten, ist ein späteres Fazit des aktiven Publikums.

Zwischendurch gibt es die Aufforderung (per Smartphone), sich auf großen Sitzkissen auf der Treppe nieder zu lassen, die Verführung zum Entspannen angesichts der vielen „to dos“.

Inzwischen haben sich völlig fremde Menschen zu einem Gespräch gefunden, über Arbeit, Sinn, Zufriedenheit … 

Eine Frau mit einem 1300-er Smartphone (zum Aufklappen) findet es „spannend“ und „toll“.

Die „Turbo-Pascals" zitieren das Buch von David Graeber „Bullshit Jobs“, 2019 auf Deutsch erschienen, und Studien, wonach 40 Prozent der Menschen ihre Tätigkeit nicht als sinnvoll ansehen. Schon seit Zig Jahren gibt es Untersuchungen, dass wir weniger arbeiten könnten. Aber trotz Maschinen und Robotern ist die durchschnittliche Arbeitszeit nicht gesunken.

„Es sind häufig Bullshit-Jobs.“

Sinnvolle Arbeit, so ein Fazit, (wie Pflege, Krankenpflege, Müllentsorgung Gebäudereinigung) wird scheints am schlechtesten bezahlt.

Düsseldorf ist eine arbeitssame Stadt, heißt es.

Da gibt es, neben der Industrie wie Henkel oder den Kran-Herstellern, oder der Sprinter-Fabrik, die vielen vielen Wirtschafts- und Steuer- und Unternehmens-Berater:innen. Die Schreibtisch-Jobs sind inzwischen in der Mehrheit.

Und dann ist ja noch die Frage: Wie wollen wir eigentlich arbeiten, produzieren, Handeln angesichts einer Klima-Katastrophe, die ja schon real ist, angesichts einer Erwärmung des Klimas, die Leben und Arbeiten bedrohen wird, und wie wollen wir sinnvolle leben in einer Welt, in der Technik und Digitalisierung viel mehr möglich macht, als es heute erscheint.

Die letzte Mail am Freitagabend … die wollen wir nicht mehr haben, sagen eindeutig die meisten. 

Einige überlegen ernsthaft, ob sie was Neues beginnen sollen.

Und alle zollen nach 90 Minuten dem Team „Turbo Pascal“ langen, lauten Applaus.

Zu „Turbo Pascal“

Der Begriff kommt eigentlich aus der Computer-Programmierung. Die Gruppe tritt auf im Rahmen des „Stadt-Kollektiv“ (ehemals Bürgerbühne), es ist eine Berliner Theater-Performance-Gruppe, die  2018 den George-Tabori-Preis erhielt und bereits zu vielen Theater-Festivals eingeladen wurde.

im web: https://www.turbopascal.info/

Weitere Termine :

Sa, 4. Juni, 19:30 Uhr | So, 5. Juni,19:30 Uhr | Sa, 11. Juni, 15:00 Uhr | So, 12. Juni, 19:30 Uhr, Foyer im Düsseldorfer Schauspielhaus

Weitere Informationen und Karten:
www.dhaus.de/programm/a-z/to-do-or-not-to-do