Schillers Tell ganz klassisch - Premiere im Schauspielhaus

Wilhelm Tell zwischen Zögern und Freiheit - Premiere im D' Haus

Von Jo Achim Geschke |

Wilhelm Tell D Haus

Kurz vor dem Schuss : Wilhelm Tell (Mitte) und Gessler (rechts) / Foto © Thomas Rabsch

Dieser Tell ist ein Zauderer, einer, der seine Ruhe haben will, und Florian Lange macht seinen Tell eindrucksvoll zu einem, der heutzutage sagen würde: Wer nix sagt, fällt auch nicht auf oder: Man kann ja doch nichts machen. Roger Vontobel, bekannt für eindrucksvolle Aufführungen wie „Gilgamesh“, „Rheingold“ oder „Hamlet“, inszeniert Schillers Tell als Klassiker ganz klassisch im Großen Haus.

Die Bühne (Olaf Altmann) teilt das Geschehen von Beginn an in Oben und Unten, oben läuft der Reichsvogt Hermann Gessler im goldglänzenden Anzug herum, anfangs auch Ulrich von Rudenz. Unten das „Volk“, das von den Habsburgern geknechtet wird. Diese Knechtung befehligt Heiko Raulin als Gessler in einem schwarzen Pelzmantel eiskalt, erbarmungslos und mit kalter Ausnutzung seiner Macht. Zunächst.

Die Menschen aus den Kantonen Uri und Schwyz rebellieren nur zögerlich, Gertrud Stauffacher  (Sonja Beißwenger ) treibt die Revolte voran – bei Schiller ist dies  ein Mann. Doch allen ist klar, dass mehrere Länder sich gegen die Herrschaft der Habsburger wehren müssen, wenn es denn Erfolg haben soll. Regisseur Vontobel hat Bongile Mantsai als Walter Fürst aus Uri besetzt, der aus „Othello“ bekannt ist, der aber Englisch spricht und in Übertiteln übersetzt wird, Das kann nicht immer überzeugen. Überzeugen können etwa Jonas Friedrich Leonhardi als Arnold vom Melchtal oder Glenn Goltz als Konrad Baumgarten, oder Blanka Winkler als Berta von Bruneck, eine reiche Erbin, und Kilian Ponert als Ulrich von Rudenz.

Beim “Rütlischwur“ wird die gewaltsame Revolution aber erstmal verschoben - was da noch fehlt, ist eigentlich das Verbotsschild auf dem Rasen, aber das kam viel später.

Florian Lange als Tell ist der Mann, der nicht viel Worte macht, ruhig eben und eher der Untertan, der erstmal nichts verändern möchte und hofft, es wird schon werden.

„Der Starke ist am mächtigsten allein!“ irrt er einmal.

 In der entscheidenden, allseits bekannten Szene ist Tell, mit Armbrust und Tochter (hier  Marla Rockstroh, bei Schiller ein Junge) zunächst ganz der Rationale, wenn er Gesslers Hut auf der Stange nicht grüßt -  wozu auch, einen Hut … Doch dieser Gessler zwingt ihn, psychopathisch zynisch, den Apfel vom Kopf seiner Tochter zu schießen. Tell, der zunächst zittert und zögert, schießt endlich doch und trifft. Und ist damit zum Erzfeind des Tyrannen geworden. Und zur Symbolfigur der schweizerischen Freiheitsbewegung. Tell wird als einziger zur Gewalt greifen, den Gessler erschießen.

„Durch diese hohle Gasse muss er kommen“ …beginnt Tells langer Monolog, in dem er sich nochmals der Notwendigkeit der Tat versichert.

Der Tod Gesslers ist in dieser Inszenierung nicht nur der der Triumph der Freiheit über den Tyrannen. Tells Frau kommt hinzu (Minna Wündrich), mit ihrer Tochter, die langsam und zögernd auf den Toten zugeht, und beide zeigen die Erschütterung über die Gewalt, aus der die Befreiung entstand.

Langer Applaus im großen Haus.

Weitere Aufführungen und Karten unter www.dhaus.de

Besetzung:

Gertrud Stauffacher Sonja Beißwenger

Konrad Hunn Nils David Bannert

Walther Fürst Bongile Mantsai

Wilhelm Tell Florian Lange

Hedwig, Tells Frau Minna Wündrich

Waltraud, ihre Tochter Kassandra Giftaki / Marla Rockstroh

Arnold vom Melchtal Jonas Friedrich Leonhardi

Konrad Baumgarten Glenn Goltz

Hermann Gessler, Reichsvogt Heiko Raulin

Berta von Bruneck, eine reiche Erbin Blanka Winkler

Ulrich von Rudenz Kilian Ponert

Friesshardt, Söldner Stella Maria Köb

Leuthold, Söldner Valentin Stückl

Seppi, Werni, Kuoni, Landleute, Männer und Frauen aus den Waldstätten Ensemble

Statisterie Otto Hauptmann, Gisela Lang, Hans Meyer-Rosenthal, Jan Junghardt, Wolf Höft, Gianna Metzer, Sandra Herbrandt, Aljoscha Leonhard, Martina Puls, Karin Topolcnik Bogati

Live-Musik Marvin Blamberg, Keith O'Brien, Jan-Sebastian Weichsel