Die Bühne (Olaf Altmann) teilt das Geschehen von Beginn an in Oben und Unten, oben läuft der Reichsvogt Hermann Gessler im goldglänzenden Anzug herum, anfangs auch Ulrich von Rudenz. Unten das „Volk“, das von den Habsburgern geknechtet wird. Diese Knechtung befehligt Heiko Raulin als Gessler in einem schwarzen Pelzmantel eiskalt, erbarmungslos und mit kalter Ausnutzung seiner Macht. Zunächst.
Die Menschen aus den Kantonen Uri und Schwyz rebellieren nur zögerlich, Gertrud Stauffacher (Sonja Beißwenger ) treibt die Revolte voran – bei Schiller ist dies ein Mann. Doch allen ist klar, dass mehrere Länder sich gegen die Herrschaft der Habsburger wehren müssen, wenn es denn Erfolg haben soll. Regisseur Vontobel hat Bongile Mantsai als Walter Fürst aus Uri besetzt, der aus „Othello“ bekannt ist, der aber Englisch spricht und in Übertiteln übersetzt wird, Das kann nicht immer überzeugen. Überzeugen können etwa Jonas Friedrich Leonhardi als Arnold vom Melchtal oder Glenn Goltz als Konrad Baumgarten, oder Blanka Winkler als Berta von Bruneck, eine reiche Erbin, und Kilian Ponert als Ulrich von Rudenz.
Beim “Rütlischwur“ wird die gewaltsame Revolution aber erstmal verschoben - was da noch fehlt, ist eigentlich das Verbotsschild auf dem Rasen, aber das kam viel später.
Florian Lange als Tell ist der Mann, der nicht viel Worte macht, ruhig eben und eher der Untertan, der erstmal nichts verändern möchte und hofft, es wird schon werden.
„Der Starke ist am mächtigsten allein!“ irrt er einmal.
In der entscheidenden, allseits bekannten Szene ist Tell, mit Armbrust und Tochter (hier Marla Rockstroh, bei Schiller ein Junge) zunächst ganz der Rationale, wenn er Gesslers Hut auf der Stange nicht grüßt - wozu auch, einen Hut … Doch dieser Gessler zwingt ihn, psychopathisch zynisch, den Apfel vom Kopf seiner Tochter zu schießen. Tell, der zunächst zittert und zögert, schießt endlich doch und trifft. Und ist damit zum Erzfeind des Tyrannen geworden. Und zur Symbolfigur der schweizerischen Freiheitsbewegung. Tell wird als einziger zur Gewalt greifen, den Gessler erschießen.
„Durch diese hohle Gasse muss er kommen“ …beginnt Tells langer Monolog, in dem er sich nochmals der Notwendigkeit der Tat versichert.
Der Tod Gesslers ist in dieser Inszenierung nicht nur der der Triumph der Freiheit über den Tyrannen. Tells Frau kommt hinzu (Minna Wündrich), mit ihrer Tochter, die langsam und zögernd auf den Toten zugeht, und beide zeigen die Erschütterung über die Gewalt, aus der die Befreiung entstand.
Langer Applaus im großen Haus.
Weitere Aufführungen und Karten unter www.dhaus.de
Besetzung:
Gertrud Stauffacher Sonja Beißwenger
Konrad Hunn Nils David Bannert
Walther Fürst Bongile Mantsai
Wilhelm Tell Florian Lange
Hedwig, Tells Frau Minna Wündrich
Waltraud, ihre Tochter Kassandra Giftaki / Marla Rockstroh
Arnold vom Melchtal Jonas Friedrich Leonhardi
Konrad Baumgarten Glenn Goltz
Hermann Gessler, Reichsvogt Heiko Raulin
Berta von Bruneck, eine reiche Erbin Blanka Winkler
Ulrich von Rudenz Kilian Ponert
Friesshardt, Söldner Stella Maria Köb
Leuthold, Söldner Valentin Stückl
Seppi, Werni, Kuoni, Landleute, Männer und Frauen aus den Waldstätten Ensemble
Statisterie Otto Hauptmann, Gisela Lang, Hans Meyer-Rosenthal, Jan Junghardt, Wolf Höft, Gianna Metzer, Sandra Herbrandt, Aljoscha Leonhard, Martina Puls, Karin Topolcnik Bogati
Live-Musik Marvin Blamberg, Keith O'Brien, Jan-Sebastian Weichsel