Neuer Stolperstein für verfolgten schwulen Mann in Düsseldorf: "Knast – Kastration – Konzentrationslager"

Düsseldorf: Stolperstein für Wilhelm Zitschka verlegt am 11. Okt. 2024

Stolperstein Zitschka mit Rosen und Foto von Alfred Ledermann / Foto (C) J.Wenke, Bochum

Stolperstein Zitschka mit Rosen und Foto von Alfred Ledermann / Foto (C) J.Wenke, Bochum

Sie waren kein Paar, der in Düsseldorf lebende Händler und Silberschmied Wilhelm Zitschka (Jahrgang 1880) und der aus Duisburg stammende berufslose Arbeiter Alfred Ledermann (Jahrgang 1921). Aber sie hatten mehrfach Sex miteinander. Und beide waren bereits zuvor wegen homosexueller Kontakte verfolgt und bestraft worden. Im April 1941 wurden sie dann gemeinsam vom Düsseldorfer Landgericht verurteilt: Wilhelm Zitschka zu 2 Jahren Gefängnis, Alfred Ledermann zu einem Jahr Gefängnis.

Wilhelm Zitschka, mehrfach vorbestraft gemäß §175 RSTGB, (Die NS-Justiz titulierte ihn als „gefährlichen Gewohnheitsverbrecher“.) drohte nach der Verbüßung der Gefängnishaftstrafe die Einweisung in ein Konzentrationslager. Um dieser Deportation zu entgehen, stimmte er unter dem Druck der drohenden Gefahr und zur Abwendung seines Todes im KZ einer sogenannten „freiwilligen Entmannung / Kastration“ zu. Diese wurde dann im Gefängniskrankenhaus in Düsseldorf-Derendorf bereits im Mai 1941 durchgeführt. Der nunmehr kastrierte Zitschka musste dennoch die komplette Gefängnisstrafe verbüßen, wurde danach im Jahr 1943 entlassen. Er überlebte die NS-Zeit und starb – ohne jemals eine Entschädigung für das erlittene Unrecht erhalten zu haben – im Jahr 1960 in Düsseldorf. 

Alfred Ledermann wurde nach der vollen Haftverbüßung – er wurde als „Asozialer und Homosexueller“ bezeichnet – am 9. Februar 1942 von der Polizei gleich wieder verhaftet und in sogenannte „Vorbeugehaft“ genommen. Im März 1942 deportierte ihn die Polizei in das KZ Sachsenhausen. Dort wurde er bei einer gezielten Mordaktion, die sich gegen alle Homosexuellen in dem KZ richtete, am 12. Juli 1942 ermordet. Im Sommer 1942 fielen mehr als 80 Homosexuelle dieser Mordaktion zum Opfer. 

In Düsseldorf erinnert jetzt seit 11. Okt. 2024 ein Stolperstein an Wilhelm Zitschka.

Der Stolperstein liegt am letzten freiwilligen Wohnort, vormals Hunsrückenstraße 4, heute Ort des Kabaretts „Kom(mö)dchen“ am Kai-und-Lore-Lorentz-Platz in Düsseldorf. Die frühere Wohnbebauung an dieser Stelle wurde im Bombenkrieg völlig zerstört.

Der Stolperstein für Alfred Ledermann wurde bereits im September 2018 in Duisburg verlegt. 

Die Forschungen zu den Schicksalen von Wilhelm Zitschka und Alfred Ledermann stammen von dem Dipl.-Psych. und Historiker Jürgen Wenke, ebenso die Initiative für die Verlegung der beiden Stolpersteine in Düsseldorf bzw. Duisburg. Die Patenschaft für den Stolperstein für Wilhelm Zitschka hat dankenswerterweise Herr Kay Lorentz vom „Kom(m)ödchen“ übernommen. 

Ausführliche Berichte zu den Verfolgten finden sich auf:

www.stolpersteine-homosexuelle.de/wilhelm-zitschka 

und 

www.stolpersteine-homosexuelle.de/alfred-ledermann