Die nordrhein-westfälische Wirtschaft kritisiert geplante kommunale Abgaben als wirtschaftliches Risiko

Kommunale Verpackungssteuer: IHK NRW warnt vor neuen Belastungen für Unternehmen

IHK NRW Berliner Allee, Düsseldorf / Foto: Alexandra Scholz-Marcovich, NDOZ

IHK NRW Berliner Allee, Düsseldorf / Foto: Alexandra Scholz-Marcovich, NDOZ

Drohen Unternehmen in NRW bald neue Steuern auf Verpackungen – zusätzlich zur bestehenden Abgabenlast? Die Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen (IHK NRW) sprechen sich klar gegen die Einführung kommunaler Verpackungssteuern aus. In einer aktuellen Mitteilung warnt der Verband vor mehr Bürokratie, wirtschaftlichen Nachteilen und zweifelhaftem Nutzen.

"Hohe Abgaben verstärken den Wettbewerbsnachteil und schaffen Bürokratie – neue Steuern auf Verpackungen jetzt ausschließen"

Die NRW-Wirtschaft steht vor dem dritten Rezessionsjahr. In vielen Unternehmen sind die Rücklagen aufgebraucht und die Insolvenzzahlen steigen. Neue kommunale Steuern für Verpackungen und Übernachtungen, wie sie derzeit diskutiert werden, wären ein weiterer Wettbewerbsnachteil für den Standort NRW.

Wirtschaftliche Fehler der Vergangenheit belasten die Kommunalfinanzen und führen heute zu höheren Abgaben, bei keinesfalls besseren Leistungen. Im Resultat liegen viele kommunale Gebühren in NRW bereits heute an der Spitze der Bundesländer (s. IW Consult Köln, 2023). Die Hebesätze für die Gewerbesteuer liegen in NRW im Durchschnitt bei 470 Punkten und damit rund 70 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt.

Kommunale Verpackungssteuer zur Unzeit

Die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer nach dem Vorbild der Stadt Tübingen, wie sie derzeit in vielen NRW-Kommunen diskutiert wird, käme aus Sicht von IHK NRW zur Unzeit. Sie würde eine Vielzahl von Unternehmen und Branchen belasten, die sich noch nicht von den Folgen der Corona-Krise erholt haben – darunter Gastronomie, Einzelhandel, Lieferdienste, Kantinen sowie die Event- und Freizeitbranche.

Die geplante Steuer birgt zahlreiche Risiken. Mit Sicherheit bringt sie, allen guten Vorsätzen zum Trotz, absehbar neue bürokratische Lasten für Unternehmen und Verwaltung. Der erhoffte Nutzen – die Verpackungsmengen in den Kommunen zu reduzieren – ist dagegen eher ungewiss:

Vier Hauptkritikpunkte der IHK NRW

1. Unverhältnismäßige Bürokratie

Die Umsetzung einer Verpackungssteuer für Unternehmen und Kommunen ist mit erheblichem Verwaltungs- und Vollzugsaufwand verbunden. Unterschiedliche lokale Regelungen erfordern vielmehr komplexe Buchungs- und Kontrollsysteme.

2. Doppelt- und Mehrfachbelastungen der Betriebe

Bereits heute leisten Unternehmen im Rahmen geltender Verpackungsgesetze und kreislaufwirtschaftsbezogener Verordnungen maßgebliche Beiträge zur Entsorgung und Verwertung von Verpackungen. Hinzu kommen Zahlungen in den Einwegkunststofffonds. Viele Unternehmen sind zudem freiwillig vorangegangen und auf recyclingfähige Verpackungen umgestiegen. Eine zusätzliche Verpackungssteuer belastet die Betriebe daher nicht nur unverhältnismäßig, sondern bestraft zusätzlich die unternehmerische Initiative.

3. Flickenteppich führt zu Wettbewerbsverzerrungen

Gerade im dicht besiedelten NRW droht nach der Grundsteuerreform ein weiterer kommunaler Flickenteppich, der zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Aufgrund der zusätzlichen Preiswirkung könnten Kunden auf Gemeinden ohne Steuer ausweichen, was den Unternehmen in betroffenen Regionen Umsätze entzieht und zugleich auch die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer in der betroffenen Kommune mindert.

4. Ökologische Zielerfüllung von Verpackungssteuern und Mehrwegverpackungen fraglich

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Einführung einer Verpackungssteuer nicht automatisch eine signifikante Verringerung des Abfallaufkommens mit sich zieht (Universität Tübingen, 2023). Zudem belegen Studien, dass Mehrwegsysteme oft mit höheren Ressourcen- und Energieverbräuchen verbunden sind und nicht pauschal eine bessere ökologische Wirkung entfalten, insbesondere bei geringen Umlaufzahlen. Das bestehende Abgabensystem reicht in Kombination mit dem durch EU und Bundesregierung eingeleiteten Ausbau der Kreislaufwirtschaft aus, um die ökologischen Ziele der Abfallvermeidung zu erreichen.