Molières Geiziger Harpagon ist der große Manipulierer und misstraut allen, auch seinen Kindern. Eine Hochzeit ist für ihn eine Geldausgabe, und deshalb geht es dabei vor allem um die Mitgift. Er will seine Tochter Élise mit einem Alten verheiraten, was die aber durchaus nicht will. Denn Élise (ausgezeichnet und im Ärger wunderbar stimmgewaltig: Tabea Bettin) liebt Valère. Sohn Cléante (bestens: Jonas Friedrich Leonhardi) hingegen liebt Mariane (Jule Schuck). Cléante will seinen Vater austricksen und versucht das mit der Angestellten La Flèche (geradezu artistisch: Sophie Stockinger).
Der Geizige Harpagon hat einen „Schatz“ im Keller versteckt, prüft misstrauisch immer wieder, ob die „Million“ auch wirklich noch da ist. Ein Neurotiker, durchaus auch heute noch vielfach zu finden.
Harpagons familiäre Diktatur geht so weit, dass er Mariane heiraten will, in die aber Sohn Cléante unsterblich verliebt ist. Und Tochter Élise soll eben den Alten heiraten – was sie ganz und gar nicht will.
Gespart und agiert wird mit Sicherheitsleine
Regisseurin Sonnenbichler inszeniert mit ihrem Team die Komödie von 1668 nah am Text und als Mischung von Komödie, Farce, Comedia del Arte und Groteske – wie es schon bei Molière üblich war. Hier gibt es keine Zimmer, keine Privatsphäre (Bühne David Hohmann). Alles ist offen, verbunden mit Treppen, und die Akteur:innen mit Andeutungen alter Kostüme wie etwa Reifröcken tragen bis auf die Schlussakte ihre Ketten, ihre Sicherheitsleinen mit sich, sind wie anfangs Élise an das Geländer gekettet, als ob der TÜV – oder ein Datenschützer ? – dies auf den offenen Treppen vorgeschrieben hätte.
In diesem ausgezeichneten Bühnenbild steht der Narziss mit Goldneurose inmitten eines goldenen Kastens – auch er eigentlich ein Gefangener des Sparens auf Biegen und Brechen. Mit dem Effekt, dass die Kinder und Angestellten sich von ihm trennen und Hochzeit feiern, während Harpagon allein bleibt, sich Gold ins Gesicht schmiert.
Der Premieren-Jubel gilt der Inszenierung und den hervorragenden Darsteller:innen, nicht nur dem Harpagon vom ausgezeichneten Thomas Wittman, der als alter Geizkragen wirklich alles gibt.
Besetzung
Harpagon, Vater von Élise und Cléante: Thomas Wittmann
Cléante, Sohn von Harpagon: Jonas Friedrich Leonhardi
Élise, Tochter von Harpagon: Tabea Bettin
Valère, Sohn von Anselme: Alexander Wanat
Mariane, Tochter von Anselme: Jule Schuck
La Flèche, angestellt bei Cléante: Sophie Stockinger
Frosine, Heiratsvermittlerin: Friederike Wagner
Maître Jacques, Koch und Fahrer: Rolf Mautz
Anselme, Vater von Mariane und Valère: Andreas Grothgar
Maître Simon / Kommissar: Michael Fünfschilling
Dame Claude: Marion Sherwood / Birgitta Vollmar
La Merluche: Marita Ritter / Nicole Marpmann
Brindavoine: Norbert Herwig / Ulrich Bender
Regie Bernadette Sonnenbichler
Bühne David Hohmann
Kostüm Katrin Wolfermann
Musik Martina Eisenreich
Choreografie Valentí Rocamora i Torà
Licht Konstantin Sonneson
Video Oliver Rossol
Dramaturgie Beret Evensen
Dauer
2 Stunden — keine Pause
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