Der Geizige von Molière in Regie von Bernadette Sonnenbichler

Der Geizige von Molière im Schauspielhaus oder wenn Narzissten Geld hüten

Von Jo Achim Geschke |

Der Geizige fotos s Then

Der Geizige von Moliere, Ensemble/ Foto © Sandra Then, D Haus

Harpagnon, der "Geizige" Alte, dirigiert, und seine Kinder und das Personal folgen als Marionetten seines Dirigats. Allerdings täuscht die Eingangsszene – sowohl den alten Oberknauser wie das Publikum. Denn Regisseurin Bernadette Sonnenbichler inszenierte den Geizigen von Molière zum unausweichlichen Schluss: Am Ende ist der Geizhals allein mit seinem Gold, seine Kinder haben sich von ihren Ketten befreit und sind glücklich. Allerdings auch nur, weil Geld auch im Schlussakt durchaus allen Verliebten hilft.

Molières Geiziger Harpagon ist der große Manipulierer und misstraut allen, auch seinen Kindern. Eine Hochzeit ist für ihn eine Geldausgabe, und deshalb geht es dabei vor allem um die Mitgift. Er will seine Tochter Élise mit einem Alten verheiraten, was die aber durchaus nicht will. Denn Élise (ausgezeichnet und im Ärger wunderbar stimmgewaltig: Tabea Bettin)  liebt Valère. Sohn Cléante (bestens: Jonas Friedrich Leonhardi) hingegen liebt Mariane (Jule Schuck). Cléante will seinen Vater austricksen und versucht das mit  der Angestellten La Flèche (geradezu artistisch: Sophie Stockinger).

Der Geizige Harpagon hat einen „Schatz“ im Keller versteckt, prüft misstrauisch immer wieder, ob die „Million“ auch wirklich noch da ist. Ein Neurotiker, durchaus auch heute noch vielfach zu finden.

Harpagons familiäre Diktatur geht so weit, dass er Mariane heiraten will, in die aber Sohn Cléante unsterblich verliebt ist. Und Tochter Élise soll eben den Alten heiraten – was sie ganz und gar nicht will.

Gespart und agiert wird mit Sicherheitsleine

Regisseurin Sonnenbichler inszeniert mit ihrem Team die Komödie von 1668 nah am Text und als Mischung von Komödie, Farce, Comedia del Arte und Groteske – wie es schon bei Molière üblich war. Hier gibt es keine Zimmer, keine Privatsphäre (Bühne David Hohmann). Alles ist offen, verbunden mit Treppen, und die Akteur:innen mit Andeutungen alter Kostüme wie etwa Reifröcken tragen bis auf die Schlussakte ihre Ketten, ihre Sicherheitsleinen mit sich, sind wie  anfangs  Élise an das Geländer gekettet, als ob der TÜV – oder ein Datenschützer ? – dies auf den offenen Treppen vorgeschrieben hätte.

In diesem ausgezeichneten Bühnenbild steht der Narziss mit Goldneurose  inmitten eines goldenen Kastens – auch er eigentlich ein Gefangener des Sparens auf Biegen und Brechen. Mit dem Effekt, dass die Kinder und Angestellten sich von ihm trennen und Hochzeit feiern, während Harpagon allein bleibt, sich Gold ins Gesicht schmiert.

Der Premieren-Jubel gilt der Inszenierung und den hervorragenden Darsteller:innen,  nicht nur dem Harpagon vom ausgezeichneten Thomas Wittman, der als alter Geizkragen wirklich alles gibt.

Besetzung

Harpagon, Vater von Élise und Cléante: Thomas Wittmann

Cléante, Sohn von Harpagon: Jonas Friedrich Leonhardi

Élise, Tochter von Harpagon: Tabea Bettin

Valère, Sohn von Anselme: Alexander Wanat

Mariane, Tochter von Anselme: Jule Schuck

La Flèche, angestellt bei Cléante: Sophie Stockinger

Frosine, Heiratsvermittlerin: Friederike Wagner

Maître Jacques, Koch und Fahrer: Rolf Mautz

Anselme, Vater von Mariane und Valère: Andreas Grothgar

Maître Simon / Kommissar: Michael Fünfschilling

Dame Claude: Marion Sherwood / Birgitta Vollmar

La Merluche: Marita Ritter / Nicole Marpmann

Brindavoine: Norbert Herwig / Ulrich Bender

Regie Bernadette Sonnenbichler

Bühne David Hohmann

Kostüm Katrin Wolfermann

Musik Martina Eisenreich

Choreografie Valentí Rocamora i Torà

Licht Konstantin Sonneson

Video Oliver Rossol

Dramaturgie Beret Evensen

Dauer

2 Stunden — keine Pause

Kartenbestellungen und Termine unter

https://www.dhaus.de/programm/a-z/der-geizige/