Schauen wir zunächst über den Tellerrand auf die Schwarze Null Schäuble: Was die berüchtigte Schwäbische Hausfrau mit ihrem Haushalt macht, will auch dieser Finanzminister in großem Rahmen des Staates hinkriegen. Nur: Staatsfinanzen haben wenig mit der Verwaltung eines Haushaltseinkommens von sagen wir 5000 Euro zu tun - allein Schäuble verdient weit mehr als das Doppelte. Die schwarze Null will also sparen, für einen ausgeglichenen Haushalt. Eine der Folgen: Der Staat will weniger als zwei Milliarden für die dringend benötigte Sanierungen von Brücken und Straßen (für die der Bund verantwortlich ist) ausgeben. Nötig wäre aber das 9-Fache ! Folge: Straßen und Brücken werden nicht saniert. Dafür kommt die Idee auf den Tisch, dass private Firmen Straßen bauen … Heißt: Der private Markt wird gefördert für Aufgaben, die eigentlich der Staat als Daseinsvorsorge für Bürger leisten müsste. Diese Ideologie des Privatisierens gehört zum Neoliberalismus. Heißt: Der Markt, „die Märkte“ (Wer ist das ? ) und damit privatwirtschaftliche Unternehmen sollen es regeln in einer „marktkonformen“ Demokratie“ (ein Paradoxon ).
Und damit zu Düsseldorf : Um Geld zu sparen und die mythologisierte „Schuldenfreiheit“ zu erhalten, ließ die CDU/ FDP–Mehrheit das neue Balletthaus von einer privaten Firma hochziehen, es wrd dann an die Stadt vermietet. Diese angebliche „Öffentlich Private Partnerschaft“ hat bei anderen Modellen in Deutschland noch nie so recht geklappt. In Düsseldorf ist die ÖPP für die freie Christliche Schule fatal gescheitert, die Stadt wird mit mehr als 25 Millionen Euro belastet. Die Arena … ach lassen wir das. ÖPP kosten die Stadt immense Millionen-Beträge, auch in anderen Kommunen ging das daneben.
Aber auch die Schulkinder und die Eltern litten unter dem Mythos der Schuldenfreiheit – bis sie 2013 und 2014 protestierend vors Rathaus zogen. Denn damit weniger Geld ausgegeben wurde, wurde auch beim Topf des hochgejubelten „Masterplan Schulen“ (angeblich 30 Millionen €) getriickst. Zumindest muss dies vermutet werden, denn das Land zahlte rund 17 Millionen €, die Stadt gab in früheren Jahren zwischen 10 und 11 Millionen aus . 17 plus 11 macht 28 Millionen … Nicht dass jemand glaubt, der Masterplan sei im Jahr darauf um 2 bis 3 Millionen angewachsen …
Vieles wurde von der vorigen Stadtspitze unter CDU-OB Elbers wegen der „Schuldenfreiheit“ aufgeschoben. Steuerzahlerbund und Landesstatistiker wiesen 2014 die Ideologen schließlich darauf hin, dass die Stadt mitnichten schuldenfrei sei, sondern über 300 Millionen Schulden habe. Die Fakten wurden aber von der CDU-Spitze erstmal ignoriert. Dann kam das Wort von der „wirtschaftlichen Schuldenfreiheit“ auf … Abrahams berühmter Satz mit der Wortklauberei von Finanzpolitikern: Wir haben keine Schulden, wir haben Verbindlichkeiten.
Zudem wurde seit 2012 von Grünen und SPD gefordert, dass die Stadt sich auf einen erheblichen Andrang von Flüchtlingen einstellen müsse. Geschehen ist bis September 2014 : fast Nix. Jetzt müssen OB Geisel (SPD) und die neue Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch (Grüne) zusehen, wie sie bis Jahresende insgesamt rund 6000 Flüchtlinge unterbringen. Was erhebliche zusätzliche Kosten für die Stadtkasse verursachen wird. Sturm Ela und die Verwüstungen in den Parks und Landschaften verschlingen zusätzlich Millionenbeträge. Der dringend nötige Neubau einer Gesamtschule (gegen die sich die CDU seit Äonen wehrt) wird ebenso kosten. Der längst versprochene und bis 2014 immer wieder verschobene Neubau des Albrecht-Dürer-Berufskollegs soll um die 50 bis 60 Millionen Euro kosten, die immer wieder aufgeschobene Wiederherstellung von Schwimmbädern für Kinder und Erwachsene geht ebenfalls in den zweistelligen Millionen-Bereich – alles Altlasten einer jahrelangen CDU-geprägten Stadtspitze. Dazu kommen Ausgaben für die gesetzlich vorgeschriebenen Kita-Plätze und Personalausgaben für dringend einzustellenden Erzieherinnen. Ein ziemlicher Kostenbatzen für die Stadtkasse, zumal auch Projekte wie die U 81, die Verbindung von Messe und Flughafen, für einen Wirtschaftsstandort wie Düsseldorf kaum auf die lange Bank geschoben werden kann.
Jetzt sollen es also die Ampelparteien richten. Was schwierig werden dürfte.
Hier sind mögliche Folgekosten aus den Rücklagen nicht mehr zu decken, denn der U-Bahnbau von wenigen Kilometern und die Tunnel durch die Innenstadt haben dreistellige Millionensummen verschlungen. Schließlich mussten die glitzernden Prestige-Projekte zum großen Teil aus der Stadtkasse bezahlt werden.
Und Kämmerer Manfred Abrahams hatte schon voriges Jahr angekündigt, dass die Reserven der Stadt auf 110 Millionen Euro abgeschmolzen seien. Inzwischen soll die städtische Kasse nur noch 90 Millionen Euro zur Verfügung haben.
FDP und sogar eher konservative Grüne klammern sich allerdings immer noch an die eher marktkonforme Einstellung und plädieren für Schuldenfreiheit und Schuldenbremse…. Aber was passiert, wenn der Staat – also hier die Stadt – kein Geld in nötige Schulsanierungen, Schulneubau, für die Unterbringung von Flüchtlingen, die Einstellung von Erzieherinnen ….
Um Vorurteile zu entkräften: Investitionen - wie beispielsweise Neuanschaffungen im privaten Haushalt - ohne Not mit Krediten zu finanzieren, ist nicht gerade sinnvoll.
Aber wir erinnern mal an den Satz von Thomas Geisel, der eine einfache, für jeden Bürger nachvollziehbare Wahrheit 2014 auf den Punkt brachte : Sollen wir Schulen bauen, wenn die Kinder da sind, oder erst wenn das Geld da ist?
Was in Deutschland, auch in Düsseldorf, fehlt: Eine Diskussion und Aufklärung darüber, was Neoliberalismus heißt. Wie etwa die Privatisierung der Altenpflege die menschliche Fürsorge unter dem einzigen Aspekt von Wirtschaftlichkeit sehen lässt. Es muss sich plötzlich rechnen, Alte zu pflegen … Muss es sich auch rechnen, Schulen nicht zu bauen ?
Machen wir also die Schuldenfreiheitsuhr zu einer Investitionsstau-Uhr.
(Die Überschrift ist eine Anlehnung an das Buch der Wirtschaftswissenschaftler Yannis Varoufakis et al zur Eurokrise, erschienen beim Kunstmann-Verlag.)
(Jo Achim Geschke)