Aldi verbietet Fiftyfifty-Verkauf

Breiti von den „Toten Hosen“ gegen Aldi-Verbot von Fiftyfifty

Von Jo Achim Geschke |

Fiftyfifty-VerkäuferInnen Uwe Tanner, Ulrike Cirak und Tote Hosen“ Gitarrist Breiti. / Foto Jo Geschke, NDOZ.de

Uwe Tapper steht seit 8 Jahren vor dem Aldi-Markt und verkauft Fiftyfifty. Bis Anfang Juni – denn nun darf er nicht mehr seine Zeitung an seine Stammkunden verkaufen und damit seine ohnehin mageren Finanzen aufbessern. Aldi hat den Fiftyfifty-VerkäuferInnen verboten, vor den rund 70 Filialen ihre Zeitung zu verkaufen. Michael Breitkopf (Breiti) Gitarrist der „Toten Hosen“, solidarisierte sich gestern mit den etwa 150 betroffenen VerkäuferInnen und forderte Aldi auf, das Verbot aufzuheben.

Uwe Tapper  ist einer jener Fiftyfifty-VerkäuferInnen, die das Geld dringend brauchen, dass ihnen der Verkauf der Zeitung verschafft. Er hat, erzählt er, seine Stammkunden, die ihn kennen und ihm helfen. Wenn er nun nicht mehr vor Aldi an der Münsterstraße stehen darf, weiß er nicht, wohin. „Ich verstehe die ganz Aufregung nicht“, sagt er, „die Filialleiter kennen uns  doch.“

Uwe Tapper erzählt: „Ich war meistens so um fünf vor Acht dort, und gegen 12 Uhr war ich weg.“ Er betont auch, dass er dort sehr viele soziale Kontakte hatte – die ihm nun fehlen werden. „Manche brachten ihren Hund mit, meinten, ach Sie stehen ja hier, dann kann ich meinen Hund hier lassen“, auf den er dann aufpasste. Und auch Verkäuferin Ulrike Cirak bestätigt: „Ich hatte bei Ali an der Erkrather Straße auch viele Kontakte. Die Leute haben den Kopf geschüttelt, verstehen nicht, warum wir da weg sollten. Ich hab nie gebettelt, hab eher geholfen, mal den Einkaufwagen zurück bringen oder so“ Auch ihr wird nicht nur das Geld aus dem Verkauf, sondern auch die sozialen Kontakte, die Teilhabe fehlen.

Die Ursache, die Aldi anführt, halten Fiftyfifty-Streetworker Oliver Ongaro und Geschäftsführer Hubert Ostendorf eher für vorgeschoben. Einige Kunden hätten sich beschwert. Ostendorf und Ongaro bestätigen: Es gab nur sehr sehr wenige Beschwerden bisher. Seit vorigem Jahr werden die VerkäuferInnen der Obdachlosenzeitung registriert und bekommen, so Ongaro, spezielle Ausweise. Die Filialleiter kennten so auch die Namen der VerkäuferInnen. . Wenn es Probleme gab, und die waren selten, berichtet Ongaro, sind die Streetworker bei Aldi Filialen vorbeigefahren und haben entweder die Probleme geklärt oder den Verkäufern gesagt: Ihr müsst woanders hin. „Es gab auch vor sechs Jahren schon Beschwerden“, so Ongaro, ohne dass es Verbote gab. Das flächendeckende Verbot liege nicht an Einzelbeispielen.  Nach den Gesprächen mit der Aldi-Hauptverwaltung sei klar geworden : „Die stört, dass dort überhaupt arme Menschen stehen. Solche Mails bekommen die, da fühlen sich die Menschen allein durch den Anblick von den Armen dort belästigt.“ Es gebe keine wirklich konkreten Vorwürfe, „die haben was gemacht“, hieße es. Bei anderen großen Filialen gebe es keine generellen Verbote, etwa bei Lidl oder Rewe., dort sei das zudem den Filialleitern überlassen.  

Gitarrist Michael Breitkopf und die „Toten Hosen“ unterstützen Fiftyfifty seit fast 20 Jahren. „Als Bewohner dieser Stadt höre ich auch von vielen anderen Leuten, dass sie überhaupt nicht verstehen, warum diese Entscheidung bei Aldi gefallen ist.“ Und er schließt sich der vielfältigen Bitte an, das Verbot aufzuheben und den Verkauf von Fiftyfifty vor den Filialen wieder zuzulassen. „Für mich als Düsseldorfer hat Fiftyfifty eine ganz wichtige Funktion“, denn es gehöre inzwischen dank den Verkäufern zur Kultur der Stadt, dass man miteinander rede, ohne den anderen zu kennen. Für die Verkäufer sei es ein Verdienst, und es bringe Struktur in ihren Alltag.  Auch die Mitarbeiter und Filialleiter seine ja gar nicht einverstanden mit der Entscheidung  und bedauerten das sogar.

Mehr Armut in Düsseldorf

Ostendorf macht klar, dass mit dem Aldi-Platzverweis für die Armen auch die gesamte Auflage der Fiftyfifty-Zeitung gefährdet ist. Denn rund ein Drittel der Verkäufer können die beliebte Zeitung nicht mehr verkaufen. Und das es in den vergangenen Jahren immer mehr Fiftyfifty-VerkäuferInnen gab, so Ostendorf, „liegt dran, dass es immer mehr arme Menschen in Düsseldorf gibt.“

Dramatischer Spendenrückgang

Für Fiftyfifty ist das Verbot doppelt bedrohlich, denn auch die Spenden für die Arbeit mit Obdachlosen und die vielfältigen Hilfsprojekte sind dramatisch zurück gegangen, so Fiftyfifty. . „Jede Woche kommen etwa 200 bedürftige Menschen in unsere Sozialsprechstunde“, heißt es.. „Sie alle brauchen uns – und Sie. Denn Hilfe ist nicht nur Zuwendung, sondern kostet leider auch Geld. Wie etwa auch die Unterhaltung unseres Gute-Nacht-Busses, unsere Romahilfe „east west“, unsere Start-Up-Appartements … und, und, und. Leider sind die Spenden in den ersten fünf Monaten dieses Jahres um fast 50 % zurückgegangen.“

(Text Jo Achim Geschke)

Inzwischen wurden bereits 10.000 Postkarten verteilt mit dem Slogan „Aldi-Süd – mein Arbeitsplatz“, mit der Adresse der Aldi-Verwaltung in Langenfeld. Wer sich an dem Auruf, die VerkäuferInnen vor Aldi zuzulassen, beteiligen möchte :

 www.fiftyfifty-galerie.de/teaser/3