„Wie heißen Sie?“, fragt Iwona Juras. „Kafel“, sagt der junge Mann aus Eritrea. Zusammen mit einer jungen Frau aus Russland und einem etwa Gleichaltrigen aus Sri Lanka lernen sie bei Juras Deutsch. Das geht erst mit einfachen Fragen und Sätzen: „Wie heißt Ihre Mutter?“ oder „Haben Sie Kind?“ – das sind die Fragen heute Morgen. Das Unterrichtsziel, so Juras, ist die sprachliche Integration. Die Lehrerin: „Die Flüchtlinge sollen soweit kommen, dass sie auf der Straße nicht zurückschrecken. Sie sollen sich ein Ticket für den Bus kaufen können oder ein Brot beim Bäcker. Sie sollen möglichst viel verstehen.“ Die meisten Flüchtlinge kommen ohne Deutschkenntnisse nach Europa. Einige sprechen ein wenig Englisch oder Französisch. Das kann beim Deutschunterricht helfen. Aber meist, so Juras, gehe die Verständigung erst einmal mit Händen und Füßen.
Die Flüchtlinge, die im Gerresheimer Evangelischen Familienzentrum Deutsch lernen, gehören in eine Gruppe, die normalerweise gar kein Anrecht auf Deutschunterricht hat; denn sie sind gerade erst angekommen und ihr Aufenthaltsstatus ist noch nicht geklärt. Und solange das nicht geschehen ist, gibt es auch keinen Deutschunterricht, da die Finanzierung nicht geklärt ist. Das ist jetzt aber mit Hilfe der Kirchengemeinde Gerresheim und des Evangelischen Kirchenkreises Düsseldorf anders geworden. Der Kirchenkreis hat im vergangen Herbst 20.000 Euro zur Verfügung gestellt, damit die Evangelische Familienbildung (efa) für Flüchtlinge, die noch im Verfahrung der Klärung ihres Status sind, Deutschkurse konzipiert und anbietet. Der Kursus im Gerresheimer Familienzentrum ist einer dieser Kurse. Mittlerweile gibt es hier zusätzlich einen zweiten Kursus
„Wir haben in unserer Sozialsprechstunde gemerkt, dass Flüchtling zu uns kommen, die überhaupt kein Wort Deutsch sprechen oder verstehen“, sagt Pfarrerin Cornelia Oßwald von der Evangelischen Kirchengemeinde Gerresheim. In unmittelbarer Nachbarschaft leben gut 150 Flüchtlinge in der Flüchtlingsunterkunft an der Heyestraße. „Viele von ihnen kommen zur Sozialsprechstunde der Kirchengemeinde. Sie kommen und benötigen Hilfe“, so die Pfarrerin. In der Sprechstunde haben haupt- und ehrenamtlichen Seelsorger offene Ohren für die Nöte der Menschen, geben Gutscheine für Lebensmittel und Hygieneartikel aus. Auch zwei Sozialarbeiterinnen der Diakonie und der Caritas sind ansprechbar.
Die Kirchengemeinde hat aufgrund von Erfahrungen in den Sozialsprechstunden für ein niedrigschwelliges Sprachlernangebot gesorgt – im Evangelischen Familienzentrum der Diakonie Düsseldorf in der Vereinsstraße mit Iwona Juras als Lehrerin, die für die Evangelische Familienbildung (efa) arbeitet.
Die Deutschlehrerin ist sich bewusst, dass Flüchtlinge eine andere Lernergruppe darstellen als die, mit der sie sonst im Fach Deutsch als Fremdsprache zu tun hat. „Wichtig ist, dass die Flüchtlinge wissen, dass alles, was wir sagen, unter uns bleibt. Sie müssen auch nicht auf Fragen antworten, wenn sie es nicht wollen. Sie lernen auch den Satz: Das will ich nicht sagen.“
Nach Fluchtgründen und -ursachen wird natürlich im Deutschunterricht nicht gefragt. Und was auch besonders ist: Jeder kann jederzeit einsteigen, so dass Wartezeiten auf die Teilnahme an einem Kursus entfallen.
Der Deutschunterricht in der Gerresheimer Evangelischen Kirchengemeinde ist nicht nur für die Erwaschsenen da. Kinder können mitgebracht werden. Die werden beaufsichtigt und schnappen dabei sehr rasch deutsche Wörter und bald auch deutsche Sätze auf.
Auch andere Kirchengemeinden bemühen sich derzeit um Deutschunterrichtangebote. In der Evangelischen Tersteegen-Kirchengemeinde in Golzheim zum Beispiel unterrichten Ehrenamtliche die Flüchtlinge, die in einem benachbarten ehemaligen Altenheim leben.
Die Nachfrage nach solchen Hilfestellungen wird vorerst wohl nicht zurückgehen. Derzeit werden der Stadt Düsseldorf pro Tag rund 15 Flüchtlinge neu zugewiesen.