Psychiatrie im Nationalsozialismus

„erfasst, verfolgt, vernichtet“

Von Jo Achim Geschke |

Zwei Opfer der Psychiatrie, Fotoquelle siehe Artikel/

Nach Stationen im Deutschen Bundestag und der Topographie des Terrors in Berlin zeigt das LVR-Klinikum Düsseldorf mit Unterstützung der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf die Wanderausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus“ im Landtag NRW. Im Nationalsozialismus galten Menschen mit Behinderungen und Nervenkrankheiten als Belastung für die Volksgemeinschaft. Sie wurden deshalb gnadenlos verfolgt. Ihrem Schicksal – aber auch den Tätern – widmet sich die Ausstellung, die bis zum 6. März erstmals in NRW gezeigt wird.

Auf 80 Tafeln und rund 200 Quadratemtern erinnert die Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus“ an das Schicksal von bis zu 400.000 Menschen, die im Rahmen der sogenannten Euthanasie ab 1934 gegen ihren Willen sterilisiert wurden; mehr als 200.000 Menschen wurden in den damaligen Heil- und Pflegeanstalten ermordet. Bei der Auswahl der Patienten stand der vermeintliche „Wert“ des menschlichen Lebens im Vordergrund. Psychiater, Neurologen, Kinder- und andere Fachärzte, Pflegekräfte und Verwaltungsfachleute urteilten über die ihnen Anvertrauten. Erst in den 1980er Jahren begann die öffentliche Erinnerung an diese Opfer des Nationalsozialismus.

Die Ausstellung wurde von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) gemeinsam mit den Stiftungen „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ und „Topographie des Terrors“ erstellt. Sie ist nun erstmalig in Nordrhein-Westfalen zu sehen.


 Der Ärztliche Direktor des LVR-Klinikums Düsseldorf, Prof. Dr. Wolfgang Gaebel, erinnerte zur Ausstellungseröffnung daran, dass auch hier im Rheinland Patienten Opfer der sogenannten Euthanasie wurden. Die damalige Rheinische Provinzial-Heil-und Pflegeanstalt in Langenfeld-Galkhausen sei eine der Sammelstellen gewesen, in der Patienten aus den umliegenden Kliniken zusammengeführt worden seien. Aus Düsseldorf seien mindestens 45 kranke und behinderte Menschen in der Tötungsanstalt Hadamar gestorben. „Die Ausstellung soll für den heutigen Betrachter die Erinnerung an die Opfer wachhalten, aber auch Mahnung sein, Verbrechen an der Menschlichkeit zu verurteilen und dagegen vorzugehen“, betonte Gaebel. Ein wesentlicher und für die Zukunft leitender Aspekt sei es, Stigmatisierung und Diskriminierung psychisch Erkrankter zu überwinden. Die Wanderausstellung rücke jene Opfer ins Zentrum, die lange am Rande des öffentlichen Interesses und Gedenkens standen
 
Die Ausstellung ist ab sofort bis zum 6. März 2015 in der Wandelhalle des Landtags zu sehen. Der Eintritt ist kostenfrei, für Einzelpersonen wird jedoch um vorherige Anmeldung unter Tel.: 0211-884-2129 oder veranstaltungen@landtag.nrw.de gebeten. Gruppen und Schulklassen können sich bei der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, Tel.: 0211-899 62 05 oder gedenkstaette@duesseldorf.de anmelden.


Fotohinweis : Irmgard Heiss - Irmgard Heiss, geboren 1897 in Münster, Hausfrau, stirbt 1944 an den Folgen des jahrelangen Aufenthaltes in der Hungeranstalt Weilmünster im Lindenhaus/ Lemgo,
David Föll, Quelle: Familienarchiv Stellbrink  und David Föll - David Föll, geboren 1858, Schreiner in Schwäbisch Hall, ermordet 1940 in Grafeneck,
Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg,
 
Hintergrund und Materialien
Die Wanderausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Joachim Gauck. Sie wurde von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in Kooperation mit den Stiftungen Denkmal für die ermordeten Juden Europas und Topographie des Terrors entwickelt. Zur Ausstellung sind ein umfangreicher Katalog sowie eine Broschüre in leichter Sprache erschienen.