Deportationen in Düsseldorf 1933 - 1945

Bürokratisch perfekt organisierte Verschleppung in den Tod

Von Jo Achim Geschke |

Repro Buch Deportationen und 2 Seiten / NDOZ.de

Es geschah in aller Öffentlichkeit, und die Helfer waren Bürokraten im Meldeamt, beim Finanzamt, bei anderen Behörden und der Polizei und nicht nur die SS: Das Buch „Düsseldorfer Deportationen“ in der „Kleinen Schriftenreihe“ der Mahn- und Gedenkstätte zeigt auf, wie bereits seit 1933 Kommunisten, Gewerkschafter, Sozialisten, Homosexuelle, Sinti und Roma und Juden vom Derendorfer Bahnhof aus in Konzentrationslager verschleppt wurden. Die Autoren Bastian Fleermann und Hildegard Jacobs stellten das Buch, im Droste Verlag erschienen, jetzt mit Wilfried Johnen vom Landesverband Jüdischer Gemeinden Nordrhein vor.

Schon im Sommer 1933 begannen die Deportationen. Diese Massenverschleppungen, so Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, war eine organisatorische und  logistische Arbeit, die allerdings nur Vorbereitung war auf die großen Transporte der jüdischen Düsseldorfer, die 1941 begannen.

Sie wurden über die Meldeämter, die Polizei, oder gar das Finanzamt herausgefunden. Hildegard Jacobs von der Mahn- und Gedenkstätte, die seit Jahren zu diesem Thema forscht, macht deutlich, wie diese unmenschliche kalt funktionierende Bürokratie die Menschen erfasste und abschob. Sie mussten nur einen einzigen Koffer packen, ihr gesamten Vermögen, ja den Hausrat auflisten, der später an „Arier“ weiter verscherbelt oder schlichtweg gestohlen wurde. Dann wurden insgesamt Tausende Juden zum damaligen Schlachthof an der Rather Straße gebracht. Dort kampierten sie eine Nacht lang in der „Marktviehhalle“, bevor sie in Zügen – teilweise Viehwaggons – in KZ und Arbeitslager verschleppt wurden.

Das Lied der Moorsoldaten

Kommunisten, Gewerkschafter und SPD-Mitglieder wurden in Arbeitslager gebracht. Die ersten, die am 22. Juni 1933 nach Norddeutschland gebracht wurden, kamen nach „Börgermoor“ in der Nähe Papenburgs im Emsland. Zu den rund 90 Kommunisten, die dort auch von einer SS-Gruppe aus Düsseldorf geschunden wurden, gehörten der Schauspieler Wolfgang Langhoff und der Angestellte Rudi Goguel aus Düsseldorf. Die Antifaschisten  texteten und komponierten das „Lied der Moorsoldaten“, bis heute unvergessen und das bekannteste Leid aus einem KZ, so die Autoren des Buches.

Mahnmal Derendorfer Bahnhof und Schlachthof

Die Verschleppung der Kommunisten mussten auf den Straßen in Düsseldorf  beobachtet worden sein, so Fleermann, ebenso die Unterbringung im Schlachthof und die Deportation am Derendorfer Bahnhof. Fleermann nennt ein Beispiel für die Verdrängungen bei Düsseldorfern: Eine betagte Dame habe neulich zu ihm gesagt, „Die Juden waren dann irgendwie weg“. Als ihr Fleermann widersprach, sei klar geworden, das es Gerüchte gab, und die Deportationen ihr nicht verborgen gewesen waren.

Es waren nicht nur Juden, auch Kommunisten, Gewerkschafter, psychisch Kranke (die meist ermordet wurden), Homosexuelle, Sinti ... Tausende wurde von einer Maschinerie des Todes in KZ gebracht. Das Buch zeigt Schicksale auf, Listen aus der Zeit, die die Akribie der Vernichtung verdeutlichen, und Fotos der Familien, Kinder, von denen die meisten nicht überlebten. Wie viele es genau  waren, lässt sich dennoch nicht sagen, denn dazu fehlen Dokumente. Es müssen aber Tausende gewesen sein, die vom Derendorfer Bahnhof aus deportiert wurden.

2012 wurde am Derendorfer Bahnhof, am Gelände des ehemaligen Schlachthofs, ein Mahnmal an den Schienen errichtet.  Die alte „Marktviehhalle“ des Schlachthofs, inzwischen unter Denkmalschutz,  wird noch im Herbst als Mahnmal eingeweiht, die neue Fachhochschule an der Münsterstraße wird dort Räume nutzen.

In der „Kleinen Schriftenreihe“ der Mahn- und Gedenkstätte werden Themen konzentriert aufbereitet, zu denen es ansonsten umfangreiche Veröffentlichungen gibt. Die Bände werden vom Droste Verlag für lediglich 5 Euro angeboten. Band 6 der Schriftenreihe ist in Vorbereitung, es geht um die KZ-Außenlager in Düsseldorf.

(Text Jo Achim Geschke)

Bastian Fleermann / Hildegard Jacobs, „Düsseldorfer Deportationen“, Massenverschleppungen von 1933 bis zur Befreiung 1945,

Kleine Schriftenreihe der Mahn- und Gedenkstätte, Band 5, Droste Verlag,

76 Seiten mit Fotos, 5 Euro

Erhältlich in der Mahn- und Gedenkstätte, Mühlenstraße 29, und im Buchhandel.