Diese Uraufführung von Krakaus Inszenierung ist zugleich Beginn der letzten Spielzeit in der Münsterstraße 446 vor dem Umzug. Zwei „Theaterdirektor:innen“ (köstlich: Hannah Joe Huberty und Leon Schamlott) führen das Publikum durch die Aufführung dieses „deutschen Kulturguts“ mit „Reimen von oben bis unten“. Im Himmel wetten „der Chef“ und der abtrünnige Engel/ Mephisto, ob der Mensch gut ist oder schlecht. Der „Geist, der stets verneint“ zeigt also Faust des „Pudels Kern“, macht die üblichen Versprechungen wie : „sein Diener sein“ und „Knecht“, zum Faust, der hier sehr jung ist. Der frustrierte Faust nimmt an und verspricht Mephisto auch seine Seele. Soweit das Drama.
Dann Gretchen, die „aus der Kneipe kommt“, die Faust erst mal klar macht, dass er sie nett ansprechen muss, ihn dann erst mal ablehnt - und dann ab geht.
„Wo ist denn die Gretchen-Tragödie?“, fragt irgendwann der Theaterdirektor. Tja, sagt die Direktorin etwas irritiert, „sie ist ja erst 14“ bei Goethe.
Das muss geändert werden, hier ist sie also älter, aber schwanger. Dann kommt die Walpurgisnacht mit viel Rock und Tanz.
Faust klagt, dass Gretchen abgetrieben hat, „aus Scham, das machte man so damals so“, sagt lakonisch Mephisto. Gretchen ist sauer, sie muss in den Knast, Faust will sie befreien, Gretchen liest dem Faust die Leviten.
Dann will Gretchen ihr eigenes Ding machen, es kommt zum Schluss, „er ist gerichtet, er ist gerettet“ etc. Man kennt das ja.
Nun fragen sich alle: Was ist mit der Wette, was mit Faust Seele?
Der zweite Teil
Und so kommt eine für Schüler:innen bemerkenswerte Kurzfassung von Faust, Teil 2, die ein hektischer Faust sehr schnell vorträgt, bis er erschöpft ist. Aber es soll ja noch der dritte Teil ….?
Hannah Joe Huberty als Theaterdirektorin liefert daher eine beste komödiantische Fassung von Faust im All, im Jahr 4024. Aber so recht will das nichts werden.
Was die „Welt im Innersten zusammenhält“ ?
Bis Gretchen sagt: Vielleicht sollte mal Schluss sein mit all den Erwartungen, mit dem “Schneller, höher, weiter…“
Vielleicht sollten wir uns fragen: „Wo wollen wir eigentlich hin? Wollen wir nicht eher wetten, ob wir noch zu retten sind? Oder untergehen? Ob es Hoffnung gibt?“
Ein jugendlicher Faust
Kraukaus Inszenierung gelingt es mit dem hervorragenden Ensemble, die großen Sinn-Fragen des Klassikers locker für die heutige Zeit zu transponieren, und nicht nur für ein jugendliches Publikum darzustellen. Ein modernisierter, junger Faust, den Schulklassen und Eltern mit Kindern in der Münsterstraße 446 durchaus ansehen sollten.
Nächste Termine :
https://www.dhaus.de/programm/a-z/faust-123/
Besetzung
Faust: Felix Werner-Tutschku
Mephisto: Natalie Hanslik
Gretchen / Gott / Lustige Gesellin: Ayla Pechtl
Theaterdirektor / Lustiger Geselle / Valentin: Leon Schamlott
Theaterdirektorin / Lustige Gesellin / Hexe :Hannah Joe Huberty
Regie Felix Krakau
Bühne und Kostüm Marie Gimpel
Musik Timo Hein
Licht Benjamin Grunwald
Dramaturgie Leonie Rohlfing
Theaterpädagogik Ilka Zänger
Dauer: 1 Stunde 30 Minuten — keine Pause