Ratsmehrheit beschließt Verhandlungen mit LEG – Ziel: Wohnraum schaffen und Spekulation beenden

Glasmacherviertel in Gerresheim: Stadt prüft Ankauf nach grünem Ratsantrag

Glasmacherviertel, Baustelle am 25. Juni 2017 / Foto: Jo Achim Geschke

Glasmacherviertel, Baustelle am 25. Juni 2017 / Foto: Jo Achim Geschke

Der Stadtrat hat am Donnerstagabend beschlossen, alle Optionen für den Ankauf des sogenannten Glasmacherviertels in Gerresheim zu prüfen und voranzutreiben. Die Verwaltung soll mit der LEG Immobilien SE über einen möglichen Ankauf verhandeln und konkrete Schritte zur städtischen Übernahme des seit Jahren brachliegenden Geländes einleiten.

Ziel ist es, die Fläche für den dringend benötigten Wohnungsbau zu aktivieren – ein Anliegen, das in der Stadtpolitik seit Jahren kontrovers diskutiert wird. Das 35 Hektar große Gelände der ehemaligen Glashütte ist seit dem Produktionsende 2005 mehrfach verkauft worden. Trotz zahlreicher Ankündigungen wurde bislang kein Wohnungsbau realisiert.

Initiative der Grünen – breite Zustimmung im Rat

Die Initiative ging von der Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen aus, die bereits am 3. April einen Antrag eingereicht hatte. In einer gemeinsamen Erklärung äußerten sich die Sprecher:innen der Düsseldorfer Grünen, Patricia Guilleaume und Maximilian Fries, zufrieden mit dem Beschluss:

„Der Druck von uns GRÜNEN hat gewirkt. [...] Dass der Stadtrat heute mit breiter Mehrheit unsere Initiative beschlossen hat, ist eine gute Nachricht für die Stadt“, heißt es in der Mitteilung.

Die Grünen kritisieren, dass weder die LEG noch frühere Eigentümer konkrete Baupläne umgesetzt haben. Vielmehr sei die Fläche Gegenstand spekulativer Weiterverkäufe gewesen. Die Verwaltung wird nun beauftragt, über einen möglichen Ankauf zu verhandeln. Zudem soll geprüft werden, ob die Stadt eine sogenannte Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nach dem Baugesetzbuch einleiten kann. Diese würde der Stadt umfangreiche Eingriffsrechte zur Entwicklung des Areals geben.

Eigentümer ohne Bauabsichten – LEG will Gelände nicht entwickeln

LEG: Kein Neubau geplant. Laut dem aktuellen Geschäftsbericht der LEG sei derzeit kein Neubau im Glasmacherviertel vorgesehen. Medienberichten zufolge prüft der Konzern stattdessen eine Weiterveräußerung – möglicherweise mit Partnern. Ob und wann es zu einer Bebauung kommt, bleibt damit unklar.

Städtische Ziele: Bezahlbarer Wohnraum

Der Ratsbeschluss bekräftigt das Ziel, das Areal in städtischer Hand für den Wohnungsbau nutzbar zu machen – möglichst auch mit bezahlbaren Mietwohnungen. Der konkrete Weg dahin – Ankauf, Wertermittlung und mögliche juristische Mittel – wird nun durch die Stadtverwaltung geprüft und vorbereitet.

Weitere Stimmen aus dem Stadtrat

Auch außerhalb der Ratsmehrheit wurde im Vorfeld der Sitzung deutlich Kritik an der Wohnungspolitik der Stadt laut. Die Ratsfraktion DIE LINKE forderte in einer Pressemitteilung vom 8. April mehr Investitionen in kommunalen Wohnungsbau statt in Prestigeprojekte. Vor dem Hintergrund des geplanten Opernneubaus für rund eine Milliarde Euro stellte sie eine Anfrage an die Stadtverwaltung: Wie viele kostengünstige Wohnungen ließen sich für dieselbe Summe realisieren?

Fraktionssprecherin Julia Marmulla erklärte: „Kurz vor der Kommunalwahl betreiben Grüne und SPD Augenwischerei. Alle wissen, dass auf dem Glashüttengelände in den nächsten zehn Jahren keine bezahlbaren Wohnungen entstehen werden. [...] In einer Oper kann man nicht wohnen – egal wie schön sie ist.“

DIE LINKE kündigte an, die Diskussion um eine städtische Wohnungsbauoffensive weiterhin öffentlich und im Rat voranzutreiben.

Rückblick: Jahre des Stillstands und der politischen Initiativen

Seit fast zwei Jahrzehnten wird über das Glasmacherviertel diskutiert – und immer wieder wurden politische Initiativen gestartet, um das brachliegende Gelände in Gerresheim endlich für den Wohnungsbau zu nutzen. Die NDOZ begleitet diese Debatte seit Jahren journalistisch.

Bereits im Juni 2017 forderten die Düsseldorfer Grünen den Ankauf durch die Stadt, nachdem sich die damalige Eigentümerin Patrizia AG aus dem Projekt zurückziehen wollte. Rund 1.400 Wohnungen, darunter 500 bezahlbare, waren geplant. Die Stadt sollte nach Ansicht der Grünen über gezielte Verkäufe oder Verpachtungen eine soziale Mischung steuern. Auch Planungsdezernentin Cornelia Zuschke wies damals auf die Komplexität eines städtischen Erwerbs hin, betonte jedoch die Bedeutung der Gesamtentwicklung.

Zum Artikel von 2017: Investor will verkaufen – Grüne fordern Kauf von der Stadt (27.06.2017)

Ein weiterer Meilenstein folgte im August 2022: Die Stadt Düsseldorf beschloss besondere Vorkaufsrechte für das Glasmacherviertel und das Nirosta-Gelände in Benrath. Die Maßnahme zielte auf eine Eindämmung der Spekulation, insbesondere gegenüber der damaligen Eigentümerin Adler Gruppe. Die Grünen unterstützten diesen Schritt und kündigten an, auch weitere städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen zu prüfen.

Zum Artikel von 2022: Vorkaufsrechte für Grundstücke von Glashütte und Nirosta (25.08.2022)

Was bedeutet der aktuelle Beschluss für Düsseldorf?

Ungeachtet der politischen Differenzen rund um Finanzierung, Tempo und Zuständigkeit markiert der Ratsbeschluss vom April 2025 einen konkreten Schritt hin zu einer aktiveren Bodenpolitik der Stadt Düsseldorf. Die Verwaltung ist beauftragt, in direkte Verhandlungen mit der LEG einzutreten – einem der größten Wohnungsbaukonzerne Deutschlands, der das Gelände aktuell besitzt, jedoch keine Neubaupläne verfolgt.

Die politische Forderung nach einem städtischen Eingreifen hat sich damit über Jahre hinweg verstetigt und nun in einem klaren Handlungsauftrag manifestiert. Ob es der Stadt gelingt, das Glasmacherviertel in städtische Hand zu überführen und den dringend benötigten Wohnungsbau endlich voranzutreiben, bleibt eine der spannendsten Entwicklungen der Düsseldorfer Stadtentwicklung – mit Signalwirkung weit über Gerresheim hinaus.