Davor warnt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und verweist auf eine Analyse der Hans-Böckler-Stiftung, die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet hat. Demnach kommen Beschäftigte aus dem Gastgewerbe, die eine Vollzeitstelle haben, in Düsseldorf auf ein mittleres Monatseinkommen von aktuell nur 2.068 Euro brutto. Zum Vergleich: Branchenübergreifend liegt der Median bei Vollzeit in der Stadt bei 4.095 Euro.
„Wenn Hotel- und Gastro-Beschäftigte nur rund halb so viel verdienen wie der Schnitt, dann darf sich keiner darüber wundern, dass sie sich in Zeiten der Corona-Krise einen neuen Job suchen. Denn viele von ihnen mussten monatelang mit dem Kurzarbeitergeld auskommen, ein Teil der Beschäftigten ist noch immer darauf angewiesen. Das sind harte Einbußen bei einem ohnehin niedrigen Einkommen“, betont Zayde Torun, Geschäftsführerin der NGG-Region Düsseldorf-Wuppertal.
Obwohl die Wirte und Hoteliers ebenfalls stark von den Folgen der Corona-Pandemie getroffen seien, müsse nun alles dafür getan werden, Löhne und Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen. Gelinge das nicht, dürfte es in vielen Hotels, Gaststätten und Cafés schon bald nicht mehr genügend Personal geben, warnt die Gewerkschafterin.
An den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Nordrhein-Westfalen appelliert die NGG, die Branche über einen neuen Tarifvertrag für die Zukunft aufzustellen.
„Die Arbeitgeber klagen selbst über die anhaltende Personalabwanderung. Dabei haben viele Probleme lange vor der Pandemie existiert – von unbezahlten Überstunden und langen Arbeitszeiten bis hin zu einem rauen Umgangston hinter den Kulissen“, betont Torun.
Bei den für diesen Herbst geplanten Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft habe der Dehoga NRW die Chance, die Betriebe gegen den Fachkräftemangel zu wappnen. Über tarifliche Standards müsse das Lohn-Niveau angehoben und die Arbeitsbedingungen verbessert werden.
Die Gewerkschaft verweist darauf, dass seit anderthalb Jahren keine Tarifverhandlungen mehr für das nordrhein-westfälische Gastgewerbe stattgefunden haben. Mehrere Gesprächsangebote seien unter Verweis auf die Corona-Pandemie abgelehnt worden.
„Umso wichtiger ist es jetzt, am Verhandlungstisch zu Lösungen zu kommen, damit die Beschäftigten nach dieser schwierigen Zeit endlich eine Perspektive haben“, betont Torun.
Dazu gehörten armutsfeste Löhne „deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn“ – auch wenn dieser je nach Ausgang der Koalitionsverhandlungen im Bund auf zwölf Euro pro Stunde steigen sollte. Nur durch eine bessere Bezahlung könnten Hotels und Gaststätten auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig sein, so die NGG.
„Ein wichtiger Punkt ist dabei, das Personal nach der fachlichen Qualifikation zu bezahlen“, sagt Torun.
Viele Berufsbezeichnungen wie „Demi Chef de Cuisine“ oder „Concierge“ seien veraltet und führten dazu, dass Beschäftigte in einer Lohngruppe landeten, in der sie weniger verdienten, als ihnen zustehe.
Außerdem sollten die Unternehmen die weiterhin verbreitete Kurzarbeit nutzen, um ihre Beschäftigten weiterzubilden und etwa in puncto Digitalisierung fit zu machen. Bei der Berufsausbildung müsse mehr für die Qualität getan werden:
„Wenn der Azubi das Auto des Chefs waschen muss, statt in der Küche zu lernen oder die Ausbilderin im Homeoffice ist, statt dem Nachwuchs etwas beizubringen, dann kann es nicht überraschen, dass viele junge Menschen die Lehre hinschmeißen“, so Torun. Darüber hinaus müsse die Tarifbindung gestärkt werden. „Eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband sollte nur dann möglich sein, wenn die Tarifverträge akzeptiert werden, die man gemeinsam ausgehandelt hat.“ Nach Beobachtung der NGG kommt es immer häufiger zu sogenannten Mitgliedschaften „ohne Tarifbindung“.
Dieser Trend müsse gestoppt werden, um flächendeckend nicht nur faire Arbeitsbedingungen für das Personal zu haben – sondern auch faire Wettbewerbsbedingungen für die Firmen.