Zwar gelten, anders als einige ihrer Vorgänger, sowohl der Verwaltungsratsvorsitzende Geisel als auch sein Gegenüber, der SSKD Vorstandsvorsitzende Arndt Hallmann, als eigentlich unkomplizierte Charaktere, die sich dem Vernehmen nach menschlich durchaus wechselseitig schätzen sollen. Dennoch hat sich in den vergangenen Wochen erneut ein schwerwiegender Konflikt entwickelt, an dessen Ende es schwer werden dürfte etwas anderes zu entdecken als allein Verlierer auf allen Seiten.
Das „System Stadtsparkasse“ mit der Stadt Düsseldorf als (im Vergleich zu einem Eigentümer in den rechtlichen Befugnissen eingeschränktem) Träger, einem „politischen“ Verwaltungsrat ohne versierte Finanzmarktspezialisten sowie „Reibungsfläche“ bietenden Vorständen, scheint selbst die besonnensten Beteiligten offenbar fast schon zwangsweise in Kampfmodus zu versetzen.
Während all der Vorkommnisse der vergangenen Jahre war zudem beobachtbar, dass die Auseinandersetzungen und die dazugehörige Berichterstattung oft sehr emotional geprägt waren: („Stadt darf die Sparkasse nicht räubern“, „Vorstand geriert sich unter Ausblendung kommunaler Aufgabe als Totalverweigerer“).
Dabei blieb mitunter auf der Strecke, dass die Gesamtkonstellation sehr viel mehr Spannendes bietet, als emotionale Schlagzeilen. Aus diesem Grund soll hier versucht werden, den aktuellen Streit rund um die SSKD ausführlicher zu beleuchten.
Worum geht es eigentlich?
Beginnt man mit den in allen Lagern unstreitigen und objektiv beurteilbaren Punkten, so kann man Folgendes festhalten: Das regulatorische Umfeld, in dem sich die SSKD bewegen muss, ist mit all seinen Anforderungen bereits heute extrem komplex und wird sich zukünftig nicht vereinfachen.
Der gesamte Sparkassensektor steht vor nachhaltigen Herausforderungen mit Blick auf seine Zukunftsfähigkeit. Das rekordhafte Niedrigzinsniveau beschneidet weitreichend den Zinsüberschuss als eine der Hauptertragsquellen der Sparkassen, eine Aufhellung an der Zinsfront ist auf absehbare Zeit nicht in Sicht.
Das operative Geschäft der SSKD hat seit 2012 spürbare Einbußen erfahren. Ungeachtet dessen hat die SSKD in den vergangen beiden Geschäftsjahren, auch getrieben durch außerordentliche Erträge, exorbitante Gewinne vor Steuern mit € 81,7 Mio. in 2013 und ca. € 140 Mio. in 2014 erzielt, die weit höher liegen als die Erträge der Sparkassen-Konkurrenz.
Bei den sonstigen Finanzkennzahlen steht die SSKD ebenfalls (teils deutlich) besser da als viele andere Institute. Die aktuellen aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die maßgeblichen Finanzkennzahlen (insbesondere zur regulatorisch bedeutsamen Kapitalausstattung) übererfüllt die SSKD um ein Weites und verfügt insoweit über einen beträchtlichen Puffer auf die regulatorischen Vorgaben für die nächsten Jahre, selbst wenn sie für 2014 die von der Stadt geforderte Ausschüttung in Höhe von € 26,5 Mio. (ca. 19 % des Gewinns vor Steuern) leisten würde.
Schüttet die SSKD gemäß ihrer eigenen Ankündigung aus dem Gewinn 2014 keine Gelder an die Stadt aus, wäre dies das zweite Jahre in Folge.
Verschiedene andere Institute, insbesondere auch im Bereich der Rheinischen Sparkassen, haben unbeanstandet durch die Finanzaufsicht in diesem Zeitraum Ausschüttungen an ihren Träger vorgenommen, wobei die Mehrheit der ausschüttenden Institute wirtschaftlich eher schwächer dasteht als die SSKD.
Damit sind die Umstände, hinsichtlich derer bei beiden Seiten eine weitestgehend einheitliche Beurteilung vorherrschen sollte, aber auch schon erschöpft. Wesentlich umfassender stellt sich die Liste der inhaltlichen Differenzen dar:
Die SSKD hält die von ihr eingeschlagene operative Strategie in allen Bereichen offenbar für uneingeschränkt richtig. Auch scheint man der Ansicht, die vollständige Vereinnahmung des Gewinnes 2014 durch bilanzielle Einstellung in den sog. „Sonderposten für allgemeine Bankrisiken“ nach § 340g HGB sei in Anbetracht der – unstreitig – anstehenden regulatorischen und wirtschaftlichen Herausforderungen für den Sparkassensektor alternativlos. Die Finanzaufsicht begrüße ausdrücklich diesen Kurs. Die inhaltliche Kompetenz der Verwaltungsratsmitglieder sei nicht gerade ausgeprägt.
Letzterer Vorwurf richtet sich dabei in der Regel besonders gegen diejenigen Verwaltungsratsmitglieder, die mit ihrer Ansicht nicht auf der Seite des Vorstands der SSKD stehen. Beispielhaft für die Frage der Ausschüttung des Gewinns des Jahres 2013 waren dies die CDU- und FDP Verwaltungsräte, für das Geschäftsjahr 2014 trifft es die zur Ampelkoalition gehörenden Verwaltungsratsmitglieder.
Nicht minder gefestigt und schwerwiegend sind die Standpunkte der Vorstandskritiker im Verwaltungsrat. Der Vorstand verfolge in Teilen eine falsche Geschäftsstrategie. Viele vergleichbare Institute setzten jetzt auf kontrolliertes und konservatives Wachstum, um die sinkenden Margen ausgleichen zu können. Die Stadtsparkasse reduziere hingegen stetig ihr Geschäft und „schrumpfe sich möglicherweise ohne Not in Schwierigkeiten“, wesentliche Ertragstreiber kämen aus dem (endlichen) Tafelsilber.
Gerade die Kreditpolitik treibe die Kunden aus dem Haus und hin zu konkurrierenden Instituten. Im Markt sei deutliche Irritation über die Geschäftspolitik der SSKD zu hören. Viele Kunden, darunter auch äußerst renommierte Adressen mit hervorragender Bonität, hätten sich bereits verärgert anderen Anbietern zugewandt und einige im Markt angesehene Mitarbeiter hätten schon frustriert das Handtuch geworfen und die SSKD verlassen.
Während andere Institute in den letzten Jahren Mitarbeiter zwecks Kostensenkung reduziert hätten, habe der Vorstand der SSKD die Entwicklung verschlafen und ungeachtet des sich reduzierenden Geschäfts die Mitarbeiterzahl noch weiter erhöht.
Der Vorstand liefere in der Berichterstattung teils inkonsistente und sich teils monatlich massiv verändernde Finanzkennzahlen. Die SSKD vernachlässige zudem ihre kommunalen Aufgaben. Der Vorstand horte stille Reserven und bediene in verfehlter Weise die Angst vor „allgemeinen Finanzmarktrisiken“ und male „schwarz“, um die ausbleibende Ausschüttung an den Träger zu rechtfertigen.
Schließlich, so ein langjähriger Kenner der Thematik, verwundere auch, dass die Ergebnisprognosen der SSKD zu Beginn des Jahres immer sehr tief angesiedelt und dann am Ende deutlich übertroffen würden.
Auf Basis der (zu tiefen) Prognosen würden mit den Vorständen die Ziel-Kriterien für deren variable Vergütung festgelegt. Während die Stadt keine Ausschüttungen erhalte, hätten die Vorstandsmitglieder ihre variable Vergütung stets voll vereinnahmt. Im Übrigen habe Hallmann den Vorstand auch noch mit alten Weggefährten besetzt.
Wer sind die handelnden Protagonisten?
Zunächst einmal OB Geisel als Vorsitzender des Verwaltungsrates und „Hans Dampf“, beseelt von dem Gedanken Grundsätze der freien Wirtschaft im kommunalen Verwaltungsumfeld zu etablieren. An seiner Seite stehen die FDP mit Front-Frau Strack-Zimmermann und die Grünen um Verwaltungsratsmitglied Scheffler. Sowohl Strack-Zimmermann als auch Scheffler gelten schon seit längerem als Kritiker des SSKD-Vorstandes.
Geisel, seine Mitstreiter aus der Ampel-Koalition und der Kämmerer Abrahams, ein CDU-Mann, werden sich ins Stammbuch schreiben lassen müssen, dass die offenbar dem städtischen Etatdruck geschuldete Einstellung einer Ausschüttung der SSKD in den städtischen Haushalt ohne vorherige Einigung mit dem Vorstand der SSKD verfrüht bzw. riskant war und sicherlich nicht zur Deeskalation der Situation beigetragen haben dürfte. Seine „Hausaufgaben“ sollte man möglichst anders erledigen.
Weiter zu nennen sind die SSKD Vorstände Hallmann und Dr. van Gemmeren, die im fünfköpfigen Vorstand als Treiber des kritisierten Kurses gelten. Risikovorstand van Gemmeren wird von außen inzwischen als derjenige eingestuft, der intern das Zepter führt und die Richtung bei der SSKD vorgibt. Selbst seine schärfsten Kritiker bescheinigen dem ehemaligen McKinsey Berater van Gemmeren hervorstechende Intelligenz, bemängeln bei ihm aber gleichzeitig einen angeblich übervorsichtigen, zum Teil auf „konstruierten“ und „fernliegenden“ Annahmen beruhenden „Dr. Doom Risiko-Ansatz“, der maßgeblich zur Verschärfung der Situation beitrage.
Abschließend besonders zu erwähnen sind noch die CDU-Mitglieder im Verwaltungsrat der SSKD. Bei den gegenwärtigen Mehrheitsverhältnissen bilden sie bei Abstimmungen im Verwaltungsrat das „Zünglein an der Waage“. Angeführt werden die CDU-Verwaltungsräte durch den Fraktionsvorsitzenden Gutt.
Gutt muss nach Profil und Profilierungsmöglichkeiten suchen, auch um seine Position parteiintern weiter zu stärken. Den Verwaltungsrat der SSKD hat er dabei wohl als eine solche Möglichkeit identifiziert. Die CDU-Verwaltungsräte haben sich daher zuletzt bei strategischen Fragen, ungeachtet teils divergierender inhaltlicher Auffassungen, mit den Vertretern des Personalrats im Verwaltungsrat (und damit auch mit dem Vorstand der SSKD) solidarisiert.
Geisel und seiner Ampel-Koalition hat die CDU so die Mehrheit im Verwaltungsrat genommen. Unter anderem wurde in der Folge die Überprüfung der auch innerhalb der CDU kritisierten Strategie der SSKD durch einen neutralen externen Sachverständigen verhindert.
Dabei eignet sich in der heutigen Zeit komplexer Fragen und Haftungsrisiken das Aufsichtsorgan eines überwachten Finanzinstitutes eigentlich nicht als Betätigungsfeld für rein parteipolitisch motivierte Manöver. Gutt ist dabei zuzugestehen, dass er mit solch fragwürdigen Strategien in Düsseldorf nicht begonnen hat.
Das Schicksal der von Gutt eingeschlagenen Strategie dürfte aber auch unter einem anderen Gesichtspunkt mit Spannung zu beobachten sein. Die CDU-Mitglieder im Verwaltungsrat galten während der Amtszeit von Geisels Vorgänger Elbers als die mit Abstand schärfsten und unerbittlichsten Kritiker der Vorstände Hallmann und van Gemmeren. Unvergessen bleibt die bis auf das Messer geführte Auseinandersetzung der CDU mit Hallmann.
Insbesondere nachdem die SSKD die CDU/FDP-Regierungskoalition mit einigen aus deren Sicht stadtschädlichen Entscheidungen (Ende Finanzierung Freie Christliche Schule, keine Beteiligung an Lausward-Finanzierung) zur Weißglut gebracht und zudem bekannt gegeben hatte, dass sie von dem Gewinn des Bilanzjahres 2013 in Höhe von € 81,7 Mio. nicht einen Euro an die Stadt ausschütten werde.
Mediale Schwergeschütze waren seinerzeit an der Tagesordnung, Höhepunkt ein Artikel in der Rheinischen Post (RP) vom 29. Januar 2013, in dem der mächtige CDU-Mann und Rechtsanwalt Klaus-Heiner Lehne (zu der Zeit Kreisverbandsvorsitzender und Europaabgeordneter) die seinerzeitige CDU-Linie wie folgt zum Ausdruck brachte: „Ich halte die Ernennung von Arndt Hallmann zum Vorstandsvorsitzenden der Stadtsparkasse Düsseldorf für einen kommunalpolitischen GAU.“
Die Sparkasse gehöre zum Konzern der Stadt Düsseldorf und habe ihr Agieren an den Interessen dieses Konzerns zu orientieren, so Lehne weiter. Sich davon völlig zu lösen, zeige ihm (Lehne), dass Vorstand Hallmann nicht verstanden habe, was es bedeute, zu einem solchen Konzern zu gehören. Laut Lehne gibt es an der Spitze dieses Konzerns nur eine Nummer 1 – und das sei der Oberbürgermeister.
Ferner berichtete Lehne laut RP weiter, er sei „in den vergangenen Tagen von mehreren führenden Parteimitgliedern auf Hallmann angesprochen worden – und sie alle schätzen ihn so ein wie er, Lehne“. Hat man diese Historie vor Augen, dann verwundert kaum, was in Düsseldorfs politischen Kreisen eigentlich bereits als anerkannte Tatsache gilt: Die Ansichten der CDU zum Handeln des Vorstandes der SSKD sind größtenteils deckungsgleich mit der Einschätzung der Ampelkoalition, es herrscht Einigkeit. Auch CDU Kämmerer Abrahams wird keine Liebesbeziehung zur SSKD nachgesagt. Insgesamt ist es somit kaum überraschend, wenn die RP in einem Bericht vom 6. März 2015 bereits orakelt, dass im Falle einer Großen Koalition dem SSKD-Vorstand unruhige Zeiten bevorstünden.
Rechtlicher Rahmen
Mehr oder weniger vollkommen außen vor in der Streiterei der vergangenen Jahre ist bislang die Frage geblieben, wer darf eigentlich was und wer ist wofür zuständig. Will man sich einigermaßen fundiert mit der Gesamtproblematik auseinandersetzen, bedarf es zumindest einer rudimentären Kenntnis der grundlegenden Eckpunkte. Dem Sparkassengesetz NRW ist dazu Folgendes zu entnehmen:
Die Sparkassen haben die Aufgabe, der geld- und kreditwirtschaftlichen Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft insbesondere des Geschäftsgebietes und ihres Träger zu dienen und haben darüber hinaus noch einen weitergehenden öffentlichen kommunalen Auftrag; Gewinnerzielung ist hingegen nicht Hauptzweck des Geschäftsbetriebes (§ 2).
Der Vorstand leitet die SSKD in eigener Verantwortung (vgl. § 20).
Der Verwaltungsrat hingegen bestimmt die Richtlinien der Geschäftspolitik und überwacht den Vorstand; zudem ist der Verwaltungsrat unter anderem zuständig für den Erlass von Geschäftsanweisungen für den Vorstand, die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Jahresüberschusses an die Vertretung des Trägers, den Rat der Stadt Düsseldorf (§ 15).
Bei der Entscheidung über die Verwendung des Jahresüberschusses hat der Rat die Angemessenheit der Ausschüttung im Hinblick auf die künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Sparkasse sowie im Hinblick auf die Erfüllung des öffentlichen Auftrages der Sparkasse zu berücksichtigen (§ 25).
Rechtsexperten sehen den Träger in einer „eigentümerähnlichen Stellung“, der laut der Intention des Gesetzgebers weitreichenden Einfluss auf die Verwendung der erzielten Jahresüberschüsse haben soll.
In diese Wertung greift zu Lasten des Trägers die Vorschrift des § 340g HGB ein, nachdem Kreditinstitute auf der Passivseite ihrer Bilanz zur Sicherung gegen allgemeine Bankrisiken einen Sonderposten „Fonds für allgemeine Bankrisiken“ bilden dürfen, soweit dies „nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wegen der besonderen Risiken des Geschäftszweigs der Kreditinstitute notwendig ist“.
Für die Frage der zulässigen Höhe des Sonderpostens soll darüber hinaus gemäß Rechtsexperten vor allem auch die Treuepflicht des Instituts gegenüber seinem Anteilseigner/Träger von ausschlaggebender Bedeutung sein.
Die Frage, genau welche Anforderungen für die Zuführung von Geldern in den bei Sparkassenvorständen aus naheliegenden Erwägungen heraus beliebten Sonderposten im Sparkassenumfeld gelten und unter genau welchen Voraussetzungen der ausschüttungsfähige Gewinn hierdurch reduziert werden kann, ist nach Angaben von Rechtsexperten bislang noch nie gerichtlich behandelt worden.
Eher wahrscheinlich wäre es, dass der verantwortliche Vorstand bereits vor einer solchen Eskalation, die im Interesse keiner der in einem Verwaltungsrat vertretenen Parteien sein kann, seines Amtes enthoben würde.
Analyse
Dass die Geschehnisse im Verwaltungsrat mit der Kehrtwende der CDU gegenwärtig nahezu ausschließlich politisch motiviert sind, bezweifelt kaum jemand. Auch hinsichtlich der taktischen Stoßrichtung der CDU-Mitglieder im Verwaltungsrat finden sich über alle Ratsparteien hinweg keine zwei Meinungen.
Der CDU ist die Popularität Geisels, die bis tief in das Spektrum der wirtschaftsnahen CDU Wählerschaft reicht, ein verständlicher Dorn im Auge. Die Frage einer Ausschüttung durch die SSKD hat bei Gutt nun vielleicht die Idee für einen „Lucky Punch“ geweckt, er könnte Geisel in eine Verschuldung der Stadt treiben.
Der ererbte Haushalt der Ampel-Koalition steht bekanntlich finanziell auf eher wackeligen Beinen. In den Haushalt einkalkuliert haben die Ampel-Koalitionäre einen Beitrag der SSKD in Höhe von € 26,5 Mio. Verhindert die CDU im Verwaltungsrat der SSKD diese Ausschüttung, dann dürfte die Wahrscheinlichkeit, dass der Haushalt unter Wasser gerät und die Stadt zur Finanzierung ihrer Vorhaben sich (weiter) verschulden müsste, deutlich steigen.
Sollte es hierzu kommen, gäbe dies der CDU die Möglichkeit, Geisel als „Schuldenmacher“ zu brandmarken. Da die (in ihrer Existenz umstrittene) Schuldenfreiheit in nahezu allen Wählerlagern der Düsseldorfer Parteien überragende Zustimmung genießt, würde eine (weitere) Verschuldung Geisel möglicherweise bei zahlreichen Wählern in sehr ernste Bedrängnis bringen. Inwieweit die Strategie der CDU aufgehen oder sich am Ende vielleicht sogar gegen die CDU selbst richten wird, bleibt mit Spannung abzuwarten.
Bislang konnte Geisel hinsichtlich einer etwaigen Aufnahme von Schulden allein auf die der Vorgänger-Koalition zugeschriebene Haushaltslage bei seiner Amtsübernahme, die negativ überraschte, verweisen.
Die Unterbindung einer Ausschüttung der SSKD durch die CDU gäbe Geisel – gegebenenfalls ohne Not, vor allem falls die Stadt sich ohnehin verschulden müsste - ein weiteres Argument an die Hand. Dabei dürfte Geisel helfen, dass die Kehrtwende der CDU vor dem Hintergrund sowohl ihres eigenen Donnergrollens über die ihrer Koalition verweigerte Ausschüttung des Gewinnes 2013 als des Rekordgewinnes der SSKD in 2014 von ca. € 140 Mio. den Wählern nur schwer nachvollziehbar vermittelt werden kann.
Auch die eigene Wählerschaft aus der Wirtschaft oder wirtschaftsfreundliche Institutionen wie die IHK Düsseldorf, die vehement für eine städtische Schuldenfreiheit eintreten, sehen es möglicherweise nicht unkritisch, wenn die CDU ihr Handeln aus parteipolitischen Erwägungen heraus darauf ausrichtet, eine Verschuldung herbeizuführen.
Größter Joker für Geisel wäre aber eventuell ein anderer Schachzug: Er legt auf breiter Front den Rotstift in einer Gesamthöhe von € 26,5 Mio. an und geht dann dazu über, die Kürzungen der CDU in die Schuhe zu schieben. „Weniger bzw. langsamere Schulsanierungen usw., da die CDU eine Ausschüttung der SSKD bei einem absoluten Rekordgewinn verhindert hat“, so oder ähnlich würden die Ampel-Koalitionäre dann womöglich propagieren, jedenfalls ein Thema mit gewissem Sprengstoff.
Zweifelsfrei ist die politische Besetzung und Instrumentalisierung von Aufsichtsgremien zu politischen Zwecken ein sehr ernstes und kritisches Thema, dass aufgrund verschiedener Fehlentwicklungen und Skandale zuletzt verstärkt in den Fokus der Kritik geraten ist. Die Annahme liegt nahe, dass jedenfalls mittel- bis langfristig in diesem Bereich mit Änderungen zu rechnen sein wird, um die Qualität der Kontroll- und Überwachungsfunktion der Aufsichtsgremien zu erhöhen.
In diese Richtung deutet beispielsweise auch die seitens des Landes NRW jüngst umgesetzte organisatorische Veränderung in der Gremienstruktur des skandalträchtigen Bau- und Liegenschaftsbetriebes NRW (BLB), im Rahmen derer man den Verwaltungsrat verkleinert und mit externem Sachverstand besetzt und die parlamentarische Kontrolle in einen (nachgeschalteten) Beirat „ausgegliedert“ hat (vgl. Mitteilung des Finanzministeriums NRW vom 20. November 2014). Die kritische Sichtweise des Vorstandes der SSKD auf die Besetzung des Verwaltungsrates folgt somit einem breiteren Phänomen und ist inhaltlich nicht von der Hand zu weisen.
Es erscheint kaum vorstellbar, dass der Verwaltungsrat in seiner jetzigen Besetzung Ausführungen des Vorstandes zum Beispiel zu tiefgreifenden Fragen der Bilanzierung, der Kapitalausstattung oder der Risikomodelle bis zur letzten Konsequenz einordnen wird können. Mit Blick auf die sicherlich in Teilen schon fast wissenschaftsnahen Themen kann man dies den einzelnen Verwaltungsräten auch nicht vorhalten. Dennoch wäre es bei derart komplizierter Materie zweifelsfrei vorzugswürdig, wenn der Vorstand von langjährigen Spezialisten und Kennern des Finanzmarktes „auf Augenhöhe“ kontrolliert- und überwacht würde.
Wie aus dem Umfeld von OB Geisel vor einiger Zeit verlautbart wurde, soll Geisel bei der Neubesetzung des Verwaltungsrates angeblich versucht haben, auch externen Sachverstand über SPD-Parteiticket im Verwaltungsrat zu platzieren, sei hiermit aber parteiintern gescheitert.
Anfällige Gremienstrukturen führen naturgemäß häufig zu der Gefahr, dass die Vorstandsarbeit einer effizienten Kontrolle und Überwachung entzogen wird und der Vorstand tendenziell vermehrt versucht, den Verwaltungsrat für eigene Zwecke zu instrumentalisieren, sich schlimmstenfalls am Ende gar mehr oder weniger nur noch selbst überwacht.
Entsprechende Symptome sind auch bei der SSKD sichtbar. Wie man der jüngsten Presseberichterstattung entnehmen konnte, hat der Vorstand, dank der Unterstützung durch die CDU- und Personalratsmitglieder im Verwaltungsrat, die von einigen Verwaltungsratsmitgliedern geforderte inhaltliche Überprüfung seiner Arbeit und Geschäftsstrategie durch externe Gutachter verhindern können. Dabei ist die Überprüfung geschäftlicher Kernfragen durch neutrale Experten ist in Aufsichtsratsgremien heutzutage üblicher Standard.
Der Verwaltungsrat der SSKD hat zudem keinerlei ausgewiesene Finanzmarktexpertise in seinen eigenen Reihen. Instinktiv fragt man sich daher, welche validen Interessen bestehen können, die einer neutralen Überprüfung durch angesehene Sachkundige im Wege stehen sollten. Nach außen entsteht angesichts eines vergleichsweise unüblichen Procedere jedenfalls erst einmal der Eindruck, dem Transparenzgedanken werde unzureichende Bedeutung beigemessen.
Sorgen hinsichtlich ausreichender Transparenz würden auch die Berichterstattung in der RP erklären, wonach der Verwaltungsrat begonnen haben soll, dem Vorstand zahlreiche „kluge Fragen“ zu stellen. Anscheinend sieht der Verwaltungsrat Informationsbedarf.
Ins Auge springt ferner die Vehemenz mit welcher der Vorstand nach außen trägt, der von der SSKD verfolgte Ansatz sei alternativlos. Nachfragen könnten insofern schon indiziert sein, da niemand annehmen dürfte, die SSKD verkörpere das Zentrum der Finanzwelt und es gebe nicht auch in anderen Instituten, die anders agierten, pflichtgemäß wirkende Vorstände.
In der Bilanzpressekonferenz am 5. März 2015 hat der Vorstandsvorsitzende Hallmann vorgetragen, die SSKD müsse den erzielten Gewinn vollständig thesaurieren, um das Institut zukunftsfähig aufstellen und um den gestiegenen Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung gerecht werden zu können. Laut seiner Ausführungen sei die Eigenkapitalstärkung in vollem Umfang zwingend und der Ansatz derjenigen, die Interesse an einer stabilen Stadtsparkasse Düsseldorf hätten.
Bestimmende Worte, die – bei allem Verständnis für einen risikoaversen Ansatz - vermitteln, andere Wege sind nicht möglich und wer andere Wege für möglich hält, der handelt pflichtwidrig.
Richtig ist, dass es verschiedene Sparkassen gibt, die nicht ausschütten. Es gibt aber eben auch eine ganze Reihe anderer Institute, die genau dies tun. Hierzu nachfolgend anhand öffentlich zugänglicher Daten einmal eine beispielhafte, nicht abschließende Übersicht über einige Sparkassen in räumlicher Nähe zu Düsseldorf: