Soziale Lage : Neuer Sozialbericht mit Fakten bis 2017, ANALYSE

Altersarmut, Arm und Reich, Renten, Einkommensschere – der neue Sozialbericht zeigt Wege für Planung und Politik vor - ANALYSE

Von Jo Achim Geschke |

Grafik Renten Haushaltsnetto-Einkommen / Grafik Stadt

Altersarmut, Arm und Reich, Renten, Prekäre Beschäftigung : Die neuen Zahlen zur Sozialen Lage in Düsseldorf zeigen deutlich, welche Aufgaben vor Politiker*innen und Verwaltung in den kommenden Jahren liegen. Dabei hat die Politik in der Stadt durchaus viele Erfolge zu verzeichnen, gerade die Sozialpolitik. Doch die wirtschaftsfreundliche Politik im Bund mit ihren marktradikalen Elementen haben die Altersarmut und die Schere zwischen Reich und Arm auch in Düsseldorf zu einem wachsenden Problem werden lassen. Sozialdezernent Burkhardt Hintzsche und Dezernent Christian Zaum stellten jetzt die Fortschreibung des Sozialberichts bis 2017 mit seinen beeindruckenden Fakten vor. NDOZ.de analysiert die Verhältnisse in Düsseldorf.

Sozialdezernent Hintzsche betonte zu Recht, dass sich die Lage in vielen Bereichen in der gesamten Stadt verbessert habe. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat bis 2017 abgenommen, zudem stieg die Zahl der Beschäftigten im Alter von mehr als 55 Jahren (von 40 auf 47 %).

Dezernent Zaum verwies auch auf die „sehr positive Entwicklung“ in Düsseldorf, aber es gebe eben „sehr unterschiedliche Entwicklungen“ so Zaum. Dazu zähle, dass die Haushalts-Nettoeinkommen im Bereich bis 2600 Euro monatlich stagniere, aber der Anteil der Haushaltseinkommen über 4000 Euro Netto Monatlich in Düsseldorf um 8 % gestiegen seien.

Zahlen und Fakten aus dem neuen Sozialmonitoring

Junge und Alte

Düsseldorf ist eine junge Stadt: Die Gruppe der Einwohner*innen zwischen 25 und 50 Jahren ist mit 245.870 die größte, den größten Zuwachs an Einwohner*innen hat diese Gruppe und die der 55 bis 65-Jährigen. Insgesamt zählt die Stadt rund 640.000 Einwohner. Die Beschäftigungsquote stieg zwischen 2012 und 2017 bei den älteren von 40 auf jetzt 47 Prozent (Siehe auch unten, „Single-Stadt).

Düsseldorf ist eine Single-Stadt mit wenigen klassischen „Familien“: Haushalte mit Kindern, also die klassische vielzitierte „Familie“, machen nur 13 Prozent aus. Von den insgesamt 356.609 Haushalten in Düsseldorf sind knapp 54 Prozent nur von einer Person bewohnt. Haushalte mit Kindern, also die klassische vielzitierte „Familie“, machen nur 13 Prozent aus. Der Anteil der Alleinerziehenden liegt bei 3,7 %. Ehepaare oder Lebensgemeinschaften ohne Kind machen knapp 25 % der Haushalte aus.

Im Jahr 2017 hatte Düsseldorf 639.407 Einwohner. Davon waren 68 % im „erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren“.

Kommentar: Allein diese Zahlen machen deutlich, wie sehr eine konservative Politik des „Wir brauchen mehr Einfamilienhäuser“ (oder Eigentumswohnungen) falsch liegt. Nimmt man die Einkommens-Struktur dazu, dass nur 22 Prozent der Haushalte netto 4000 Euro und mehr zur Verfügung haben, also ein Haus oder Eigentumswohnung monatlich abzahlen könnten, wird das noch deutlicher. Dazu kommt, dass auch und gerade Haushalte mit diesem Einkommen nicht sicher wissen, ob sie in 10 oder 20 Jahren (der Abzahlung) noch in Düsseldorf und Umgebung einen Job haben. Ganz abgesehen von der immensen Versiegelung und Zergliederung von Boden, die eine Stadt mit begrenzter Fläche gar nicht verkraften kann.

Einkommen:

Laut Bericht liegt der Anteil der Haushalte mit einem Netto-Monatseinkommen von 1500 bis 2600 Euro bei 29 Prozent (der Haushalte), ist seit Jahren konstant und die größte Gruppe in der Stadt. Dabei ist aber der Anteil jener, die weniger als 900 bis 1500 Euro Netto haben, genau so hoch. Nimmt man nun das verfügbare Einkommen einschließlich aus Selbstständigkeit und aus Vermögen als Vergleich dazu, wird klar: Bei einem durchschnittlichen verfügbaren Einkommen pro Person (also für Konsum und Sparen) von knapp 24.900 Euro/anno, schrauben die hohen Einkommen diese Zahl nach oben (900 € mal 12 Monate = 10.800, 1500 € mal 12 = 18.000 € / anno). Denn in den 24.900 € sind eben auch Einkommen aus Selbstständigkeit und Vermögen von den Statistikern eingerechnet.

Bedarfsgemeinschaften, SGB II , „Hartz IV“

Zwar hat die Zahl der „Bedarfsgemeinschaften“ nach SGB II, also der Bezieher von Hartz IV, in den letzten Jahren um gut 2300 Menschen abgenommen. Aber noch immer beziehen 63.100 Menschen die Regelsätze, darunter sind 17.500 Kinder unter 15 Jahren in Bedarfsgemeinschaften. Deren Zahl liegt noch immer über 32.000. Bedarfsgemeinschaften mit einer Person machen 56 Prozent aus, Bedarfsgemeinschaften mit Kindern unter 15 Jahren sind knapp 30 Prozent.

Zur Einkommensverteilung bzw. Schere passt zudem die Statistik der Renten:

Von den knapp 119.000 Rentner*innen sind rund 59 Prozent weiblich. Im Durchschnitt werden als Rente 1009 Euro ausgezahlt, für Frauen allerdings nur 934 Euro.

49 Prozent der Rentner*innen erhält eine Rente zwischen unter 500 bis 1000 Euro.

Der Anteil der Rentner*innen, die 1500 und über 2000 Euro erhalten, ist in Düsseldorf seit fünf Jahren gestiegen.

Dramatisch ist, dass allein 25.500 Rentner*innen weniger als 500 Euro Rente bezogen, und 34.260 Rentner*innen nur bis 1000 Euro. Sind mehr als die Hälfte ….

Interessant mit Blick auf den 8.März, den Tag der Frauen: Die Differenzen bei Rente und Grundsicherung zwischen Frauen und Männern.

Rund 9200 Menschen beziehen wegen ihres geringen Alterseinkommens eine „Grundsicherung im Alter“ laut Amt für Soziales. Davon sind 5064 weibliche Rentner_innen. Die Gesamtzahl steig seit sechs Jahren um insgesamt 1565.

Altersarmut, die klaffende Schere zwischen Arm und Reich, und was kann man für alte Menschen tun, die keine ausreichende Rente bekommen: Die Zahl der Alten, die Grundsicherung im Alter erhalten, nimmt zu, das werde auch Thema der kommenden Jahre sein, so Hintzsche.

Ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass mit Dumpinglöhnen und prekärer Beschäftigung zusammenhängt, sind jene, die „Aufstocken“ müssen. Die also so wenig Lohn für ihre Arbeit erhalten, dass die Gemeinschaft (der Sozialstaat) für ein auskömmliches Leben drauflegen (aufstocken) muss. Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre, die bei weitem nicht im Bereich der kommunalen Politik und Sozialpolitik liegen.

Die Sozialpolitik in der Stadt hat aber bereits einiges erreicht: Beratung und Hilfe in den vier „i Punkt Arbeit“-Einrichtungen, die vor allem Langzeitarbeitslosen helfen sollen, wieder in einen Job z kommen, städtische Beschäftigung, die mit Bundeszuschüssen bisher rund 450 Menschen bis zu 5 Jahren in sozialversicherungspflichtige Jobs bringt….

Kommt die Abkehr von „Hartz IV“, wie sie die SPD jetzt endlich fordert, auch mit CDU (und FDP) durch, wäre bereits viel erreicht. Interessengruppen der Wirtschaft wie etwa die neoliberale „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ und konservative Politiker_innen fordern aber bereits eine Festhalten an Hartz IV und implizit an den Minilöhnen (Aufstocker).

(Text: Jo Achim Geschke)

Online ist der Bericht „Monitoringbericht zur sozialen Lage in Düsseldorf 2012 bis 2017“ zu erreichen unter

www.duesseldorf.de/statistik-und-wahlen/statistik-und-stadtforschung/veroeffentlichungen.html#c131031