Die Sitzung begann um 9 Uhr, gegen 22:15 Uhr meldeten die Ratsleute : Der Haushalt 2016 ist beschlossen. Mit einer einstündigen Pause also 13 Stunden Beratung – darunter allein 3 Stunden für die Etatreden aller Fraktionen. Als erster trat für die CDU Rüdiger Gutt am Mittag ans Rednerpult, nachdem etliche Anträge und Verwaltungsvorlagen bereits diskutiert und verabschiedet waren.
Um 24 Uhr tagte der Rat übrigens immer noch ....
Die Ampel-Kooperation hat ein Jahr lang viel bewegt, der Haushalt 2016 ist der erste komplett unter eigener Oberaufsicht. Da die Ampel viel auf den Weg brachte, konnte Gutt dem nicht allzuviel entgegen setzen – was allerdings auch ein wenig am Redner lag.
Gutts Oppositions-Rede zeigte vor allem eins auf: dass die SPD als Partei ein Image-Problem hat. Denn die Oppositions-Angriffe gingen fast ausschließlich gegen OB Thomas Geisel, nicht gegen die SPD-Fraktion oder die anderen Ampel-Parteien. Irgendwie auch verständlich, schließlich hat Geisel nach 15 Jahren den CDU-OB abgelöst und damit die Netzwerke der Macht anders geknüpft.
Die Ampel-Kooperation hat bei einem Gesamthaushalt 2016 von 2,5 Milliarden insgesamt gedeckte Finanzierungen von rund 990.000 Euro draufgelegt.
„Klassenkampf am Bau“
„Düsseldorf erlebt die schwerste Haushaltskrise seit 15 Jahre“, behauptete Gutt. Was allerdings der Ratsmehrheit die Möglichkeit gibt, auf die immensen Ausgaben in der Vergangenheit, die Aufzehrung der Rücklagen schon durch die Kosten für die Kö-Bogentunnel und die neuen Herausforderungen durch den Orkan „Ela“ und die rund 6000 Flüchtlinge in der Stadt hinzuweisen. Die ja durch die CDU-Stadtspitze zu verantworten waren.
Für die FDP entgegnete denn auch (als 4. Rednerin) Marie-Agnes Strack-Zimmermann – übrigens erstaunlich ruhig und kontrolliert: Wenn Gutt noch als Mehrheitssprecher reden würde, dann würden er zum Haushalt anders argumentieren müssen.
Gutt warf direkt OB Geisel vor: „Wenn es nach Ihnen ginge, gäbe es nur noch Sozial- und Luxuswohnungen. Lassen Sie den Klassenkampf am Bau.“ Gutt kritisierte, es fehlten in OB Geisels Ideen die „preisgedämpften Wohnungen“, die CDU halte am „Handlungskonzept Wohnen“ fest. Eine dúrchsichtige Strategie, die Grünen zu umwerben, die ja an den „preisgedämpften Wohnungen“ (ca 10 Euro / m² kalt) festhalten wollen.
Allerdings griff Gutt dann auch – mit Blick auf die Investitionsvorhaben der Ampel – die Grünen an, direkt die SprecherInnen Angela Hebeler und Norbert Czerwinski, „Sie haben den Boden ihrer politischen Ethik verlassen“.
Die Ursachen für die schwerste Haushaltskrise laut CDU begründete Gutt mit dem Rückblick auf 1999, als die CDU mit Joachim Erwin als OB die Stadtspitze übernahm und die Stadt mit mehr als 1 Milliarde verschuldet war. Was er nicht sagte: Die Stadtspitze hatte bis dahin auch mit dem Einverständnis der CDU die Schulden durch einen rigorosen Sparkurs bereits gedrückt, und ab 2000 gelang es der CDU-Spitze nur durch den äußerst umstrittenen Verkauf der Stadtwerkeanteile die Schulden der Stadt zu tilgen.
Und Gutt verwies darauf, dass die Rücklagen der Stadt nun auf nur 45 Millionen Euro abgeschmolzen seien. Was neben Strack-Zimmermann (FDP), die auf die neuen Ausgaben verwies, und auch Markus Raub, Fraktionschef der SPD, in seiner Rede aufgriff und mit Hinweis auf die immensen Kosten für Kö-Bogentunnel und Kö-Bogen entkräftete.
Gutt machte klar, dass die CDU „Investitionen für die freie Szene für falsch halten“, das Programm für „Kunst am Bau“ mit 2 % der Investitionssumme ablehne, forderte Werbung in den neuen U-Bahnhöfen neben der dortigen Kunst und forderte – wiederum an OB Geisel gerichtet, nicht an die Ampel – die Stadt müsse sich intensiv darum kümmern, dass Land und Bund mehr Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge übernehmen. Ein taktischer Fehler – denn der Draht der Ampel und OB Geisel zum Land ist wesentlich kürzer als früher, und die Ampel hat eine Initiative eingesetzt, um intensiv Fördermittel zu akquirieren. Was teilweise – etwa mit 40 Millionen vom Land für den Wohnungsbau
Die CDU lehne den Haushalt 2016 ab, so Gutt schließlich.
Personal-Konzept
Unverständlich ist die Debatte um das Konzept „Verwaltung 2020“, in der eine inzwischen eigentlich widerlegte Aussage in der führenden Tageszeitung Düsseldorfs um angebliche pauschale Kürzungen von 2000 Stellen immer wieder hochkocht. Bereits am Vormittag wurde im Rat darüber debattiert, und eigentlich hätte klar sein müssen, dass von pauschal 2000 Stellen nicht die Rede ist. Dennoch behauptete etwa Gero Skowronek (CDU), es würden pauschal 2000 Stellen gekürzt.
Manfred Neuenhaus (FDP) machte in der Debatte nochmals deutlich: Im Haushalt 2016 seien erneut 50 Millionen Euro mehr für Personal festgeschrieben. Es gehe nicht um pauschale Kürzungen, sondern um die Frage „Wieviel Personal brauchen wir für welche Aufgaben?“ angesichts des Tatsache, dass bis 2020 mehr als 2000 Mitarbeiter in Rente gingen nd der Ersatz, der „Kampf um die Köpfe“, schwer zu bewerkstelligen sie.
OB Geisel hatte in der Debatte bereits erklärt, er habe mit dem Personalrat geredet, es gebe noch Differenzen, aber es werde nur mit den Beschäftigten ein Konzept aufgestellt. Was er Skowronek (CDU, Personalausschuss) auch mitgeteilt habe.
Auch Strack-Zimmermann machte in ihrer Rede deutlich, dass dieses Personalkonzept mit dem Personalrat abgestimmt werde.
Bilanz der Ampel und eigene Position der FDP
Gutt (CDU) hatte das Thema Schulbauten in seiner Rede fast ganz ausgespart – nicht verwunderlich, hatte die CDU-Führung in den vergangenen Jahren doch viel verschleppt und die Ampel gerade in diesem Bereich viel Tempo vorgelegt. Was SPD-Fraktionsvorsitzender Markus Raub in seiner Bilanz denn auch gebührend herausstellte. Der Neubau von Gesamtschule und Gymnasium, neue Sporthalle für das Goethe-Gymnasium, neue Klassenräume auf den Weg gebracht ... Raub brachte das Thema „Schuldenfreiheit“ auf die Formulierung, ob die Stadt letztlich „Schuldenfrei oder Schulen-frei“ sein wolle. Worauf Strack-Zimmermann in ihrer Rede deutlich widersprach – und damit auch die Eigenständigkeit der FDP in der Ampel betonte.
Raub warf der CDU vor, dass „die Kulturbauten ja nicht erst jetzt verfallen sind“, das seit langem klar sei, dass mehr Klassenräume für mehr SchülerInnen nötig seien, und dass die Kö-Bogentunnel dreistellige Millionensummen verschlingen.
Strack-Zimmermann (FDP) hielt dem aber entgegen, dass der Kö-Bogen ein herausragendes Projekt sei, dass die Stadt attraktiver mache, und betonte so nochmals die Eigenständigkeit der FDP in der Ampel.
Angela Hebeler als Sprecherin der Grünen stellte klar, dass viel angeschoben worden sei in etwa mehr als einem Jahr, „aber manches braucht eben mehr als 15 Monate“. Hebeler betonte, dass bei wachsender Einwohnerzahl die Ampel „aktive Wohnungspolitik gestaltet, und zwar dort, wo die CDU lange Zeit untätig war.“ Es werden bis 2020 sechs neue Jugendfreizeiteinrichtungen gebaut, eine Zuflucht für Mädchen eingerichtet. Die CDU habe nicht verstanden, dass es bei einer wachsenden Stadt auch mehr Schulen brauche, so Hebeler. Und sie verwies die neue Gesamtschule, das neue Berufskolleg, dass nun endlich gebaut wird, zwei neue Gymnasien und 11 weitere Züge, gleich mehr Klassen an den Schulen.
Dass der Radverkehr ausgebaut werde, war selbstredend Thema für die Grünen, die die Abkehr von der autogerechten Stadt seit langem fordern. Ebenso wie die Absicherung der Kultur, auch der freien Szene.
Strack-Zimmermann (FDP) griff in ihrer Rede die CDU-Mehrheit in Berlin an und kritisierte scharf, dass der Bund die Kommunen mit den Kosten für die Flüchtlinge allein ließe.
Dank an die Flüchtlingshelfer
Alle Redner dankten den vielen ehrenamtlichen Helfern, die sich intensiv um die Flüchtlinge kümmern. Und SPD, Grüne und FDP dankten dezidiert der Flüchtlingsbeauftragten Miriam Koch für ihre erfolgreiche Arbeit bei der Unterbringung der Flüchtlinge in nur einem Jahr.
(Text Jo Achim Geschke)
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Zu den einzelnen Beschlüssen im Rat folgt ein gesonderter Artikel.
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