Das höchste Verwaltungsgericht hat bereits für Stuttgart konkrete Fahrverbote in Aussicht gestellt, und zwar für Diesel mit Abgasnorm Euro 4 oder schlechter. Ab September 2019 könnten auch Diesel mit Euro 5 betroffen sein. Diesel der Abgasnorm Euro 6 dürfen also auch in Düsseldorf fahren. Es soll allerdings Übergangsfristen und Ausnahmegenehmigungen für Handwerker geben. Laut Süddeutscher Zeitung habe der Vorsitzende Richter klargestellt, dass es für Diesel-Besitzer keine Ausgleichspflicht geben werde, gewisse Wertverluste seien hinzunehmen. (Link: www.sueddeutsche.de/auto/eil-bundesverwaltungsgericht-erlaubt-diesel-fahrverbote-1.3878154)
Am 1. Januar 2018 waren in der Landeshauptstadt Düsseldorf insgesamt 112.286 Diesel-PKW in Düsseldorf zugelassen. Von diesen waren 42.286 nach Euro 6 und 36.438 nach Euro 5, die übrigen Euro 4 oder darunter, also 33.562.
MdB Andreas Rimkus (SPD) und Ratsherr Philipp Tacer (SPD, Umweltausschuss-Vorsitzender) verweisen darauf, dass ein Diesel-Verbot in Düsseldorf im Luftreinhalteplan verankert sein müsste. Ein Diesel-Fahrverbot halten beide nicht für den richtigen Weg. Es müssten mehrere Maßnahmen getroffen werden. „Dazu gehört auch, die Automobilindustrie, wenn notwendig per Gesetz, dazu zu bringen, von Abgas-Manipulationen betroffene Diesel-PKW auf eigene Kosten technisch nachzurüsten. Eine Hardware-Nachrüstung reduziert NOx-Emissionen im Vergleich zu einer reinen Software-Lösung um ein Vielfaches besser...Die Entgiftung unserer Innenstadt und die Reduzierung von NOx-Emissionen werden gelingen, wenn außerdem die vielfahrenden Fahrzeugflotten wie Busse, Taxis, Gewerbeflotten und Nutzfahrzeuge schrittweise emissionsfrei umgerüstet werden. Der Bund hat dafür umfangreiche Fördermittel zur Verfügung gestellt und diese erst jüngst aufgestockt, um besonders von NOx belastete Kommunen - wie Düsseldorf - weiter zu unterstützen. Weitere Anreize wie innovative Logistikkonzepte und eine steuerliche Sonderabschreibung für Elektrofahrzeuge werden ebenfalls ins Auge gefasst. Auch das Land NRW steht in der Pflicht.
Das vom Düsseldorfer Umweltausschuss jüngst beschlossene Handlungskonzept Elektromobilität geht genau diesen Weg. Bestehende Förderungen und die Nutzung der Elektromobilität in Düsseldorf werden ausgeweitet, neue Elemente und Maßnahmen kommen hinzu. Auch die von der Düsseldorfer Ampel forcierte massive Förderung des Radverkehrs sowie des ÖPNV leistet einen wichtigen Beitrag für mehr saubere Luft in unserer Stadt. Wir begrüßen ausdrücklich die öffentliche Diskussion in Deutschland über eine kluge Finanzierung des kommunalen Nahverkehrs in unseren Großstädten. Alle Finanzierungsmaßnahmen, die geeignet sind, die Attraktivität und Stärke des Nahverkehrs weiter zu verbessern, sollten diskutiert werden. Es ist zu begrüßen, dass eine deutliche Erhöhung der sogenannten GVFG-Mittel geplant ist. Bis 2021 soll die Finanzspritze für den kommunalen Schienenpersonenverkehr auf 1 Milliarde Euro anwachsen.“
Oberbürgermeister Thomas Geisel: "Jetzt ist die Bezirksregierung am Zug! Dieselfahrverbote würden Düsseldorf vor eine nahezu unlösbare Aufgabe stellen." "Bei der Frage, ob ein Dieselfahrverbot kommt, liegt der Ball jetzt bei der Bezirksregierung. Sie muss im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplanes abwägen, ob ein Dieselfahrverbot im Hinblick auf Wirksamkeit, Schnelligkeit und Verhältnismäßigkeit das richtige Mittel ist, die Messwerte von Stickoxid unter den zulässigen Grenzwert zu senken.
Der Maßstab der Verhältnismäßigkeit ist streng, was sich daraus ersehen lässt, dass das Bundesverwaltungsgericht darauf hinweist, dass Euro-5-Dieselfahrzeuge jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 von einem Fahrverbot betroffen sein dürfen.Für das Gericht spielt bei der Entscheidung bedauerlicherweise offenbar keine Rolle, dass diese Fahrverbote die betroffenen Kommunen vor eine praktisch unlösbare Aufgabe stellen würden, da sie nur mit extremen Aufwand umgesetzt und praktisch nicht vollstreckt werden könnten.
Man mag sich nur den Schilderwald vorstellen, den ein Dieselfahrverbot nach sich ziehen würde. Für die am stärksten belasteten Strecken müssten Umleitungen ausgeschildert werden, natürlich mit allerhand Ausnahmen für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, Polizei, aber auch beispielsweise für Pflegedienste und Handwerksbetriebe. Selbstverständlich würden die Anlieger der ausgewiesenen Umleitungsstrecke ihrerseits darauf drängen, Stickoxidmessungen vorzunehmen. Wie das Ganze tatsächlich vollstreckt werden soll, steht in den Sternen. Hier sind noch viele Fragen offen. Auch die nach den Kontrollen, die ja eigentlich bei der Polizei liegen. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat bereits die Waffen gestreckt und das Land will die Kontrollen auf die Kommunen abwälzen.
Und nicht nur das: Nun plant die Bundesregierung offensichtlich auch noch eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, nach der wir als Kommune jenseits des Luftreinhalteplans alleinig Fahrverbote verhängen sollen. Dann hätten wir endgültig und in jeder Hinsicht den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen. Zudem entstünde mit kommunalen Fahrverboten ein undurchsichtiger Flickenteppich an Regelungen im Land.
Statt den Kommunen den Schwarzen Peter zuzuschieben, sollten die tatsächlichen Verursacher, also die Automobilindustrie und der Bundesverkehrsminister, in die Pflicht genommen werden. Sollte ein Dieselfahrverbot wirklich als unumgänglich angesehen und Teil des Luftreinhalteplanes werden, funktioniert das nur nach Einführung einer blauen Plakette, da erlaubte und nicht erlaubte Dieselfahrzeuge sonst nicht zu unterscheiden wären.
Bund, Land und Kommunen sollten sich auf eine Verkehrspolitik konzentrieren, die Gesundheitsschutz und effiziente Mobilität in den Mittelpunkt stellt. Dazu bedarf es konkreter Konzepte für den Ausbau der Infrastruktur für Bus, Bahn und Fahrrad, um diese Verkehrsmittel so attraktiv zu machen, dass auf das Auto – völlig egal, ob es nun ein Diesel oder ein Benziner ist - in der Innenstadt verzichtet werden kann. Billig ist das nicht und die in Aussicht gestellte Milliarde des Bundes wird mit Sicherheit nicht reichen, aber der Aufwand lohnt sich allemal, um die Gesundheit unserer Bevölkerung zu schützen und unsere Städte vor dem Verkehrskollaps zu bewahren.
Hierzu hat die Automobilindustrie ihr Scherflein beizutragen. Der gegenwärtig in Aussicht gestellte Betrag von 250 Millionen Euro ist ein Witz gegenüber den Milliardenbeträgen, die die selben Automobilbauer in den Vereinigten Staaten zu leisten bereit sind.
Erst wenn der durch die Bezirksregierung angepasste Entwurf des Luftreinhalteplanes der Stadt Düsseldorf vorliegt, wird letztlich ersichtlich, ob dieser ein Dieselfahrverbot enthält, wie dieses ausgestaltet ist, und welche Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit ihm zu Grunde liegt."
OB Thomas Geisel verweist dann auf die vielen Maßnahmen der Stadt, unter anderen den Ausbau des Radverkehrs, den angestrebten Verkehsmix aus Rad, ÖPNV und Leih-roller sowie E-Mobilität, emissionsarme Taxen, ein Logistik-Konzept für die Innenstadt und darauf, dass die Rheinbahn Busse der Abgasnorm Euro 6 anschafft.
Die GRÜNE im Rat fordern, die Stadt muss Blaue Plakette einfordern : „Diesel-Fahrverbote auf einzelnen Straßen oder ein Flickenteppich in unterschiedlichen Städten sind sinnlos. Wir brauchen dringend die Blaue Plakette, damit saubere Diesel weiterhin in die Innenstädte fahren können und wir die dreckigen raushalten können“, kommentiert Norbert Czerwinski, Sprecher der GRÜNEN Ratsfraktion, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts heute (Dienstag). „Düsseldorf muss sich der Forderung des Städtetags für eine Blaue Plakette anschließen. Wir werden einen entsprechenden Antrag in der nächsten Ratssitzung stellen“. Czerwinski betont darüber hinaus die Pflicht der Automobilindustrie: „Die Verursacher müssen zur Verantwortung gezogen werden. Statt weitgehend wirkungsloser Software-Updates muss die Bundesregierung die Automobilindustrie zu Hardware-Nachrüstungen verpflichten – auf Kosten der Hersteller“.
Die GRÜNE Ratsfraktion lädt zudem zum Fachgespräch Luftreinhaltung und Verkehrswende ein am Dienstag, 06. März 2018, 18 Uhr, im Rathaus, Marktplatz 1, Sitzungssaal 1. OG
Die FDP-Ratsfraktion begrüßt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Diesel-Fahrverbote in Städten für grundsätzlich zulässig erklärt. Das Urteil bedeutet eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Ausgehend von diesem Urteil lehnen wir als Stadtratsfraktion ein Diesel-Fahrverbot für die Stadt Düsseldorf ab. Fraktionschef Manfred Neuenhaus: „Ein Dieselverbot käme einer Enteignung der Fahrzeugbesitzer gleich. Nicht zuletzt für Pendler und Handwerksbetriebe würden Fahrverbote massive Einschränkungen bedeuten. Die wenigsten Bürger oder Betriebe können sich aber kurzfristig ein neues Auto anschaffen.
Um die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu schützen, setzen wir auf Förderung der Elektromobilität, eine Optimierung des Verkehrsflusses durch die Realisierung einer intelligenten und zukunftsweisenden Verkehrslenkung (Smart City) und einen noch besseren ÖPNV.
Wirklich hilfreich wäre, wenn der Bund als ersten Schritt zur Luftreinhaltung nicht einen kostenlosen ÖPNV anbieten würde, sondern den Städten Geld für Investitionen in die Infrastruktur des ÖPNV zur Verfügung stellen würde. Davon könnten Busse mit modernstem Antrieb beschafft werden und vor allem die Kapazität von Bahnen und Bussen massiv erhöht werden. Die Kapazitätsgrenze von Bahn und Bus ist in Düsseldorf heute schon zu vielen Tageszeiten erreicht.“
Die Industrie- und Handelskammer IHK verweist auf die Nachteile für den Wirtschaftsverkehr: „Der tägliche Wirtschafts-, Taxi- und Lieferverkehr von und nach Düsseldorf wäre schätzungsweise zu rund 90 Prozent betroffen, da die Mehrzahl der Fahrzeuge mit Dieselmotoren betrieben werden. …. Betroffen wären aber auch ca. 20 Prozent der rund 300.000 Berufseinpendler pro Tag, die sich neue Wege in die Stadt suchen müssten – inklusive der damit zusammenhängenden Kapazitätsprobleme von Park an Ride-Parkplätzen am Stadtrand und in der Region und dem Beförderungsangebot der Rheinbahn.“ Die IHK betont die bereits eingeleiteten Maßnahmen: „Etwa durch die Mobilitätspartnerschaft von IHK, HWK und Stadt, die Unternehmen in Fragen der betrieblichen Mobilität unterstützt. Ziel müsse es bleiben, den Verkehr effizient und umweltschonend zu steuern, umweltfreundliche Alternativen zu unterstützen und entsprechende betriebliche Maßnahmen umzusetzen.“
Der DGB Düsseldorf fordert, die Hersteller in die Verantwortung nehmen, der Bund müsse die Kommunen unterstützen. „Wir müssen die Urteilsbegründung abwarten, aber gerade für tausende Berufspendlerinnen und Berufspendler sowie für klein- und mittelständische Unternehmen kann das Urteil eine massive Einschränkung bis hin zur Existenzgefährdung bedeuten“, so Sigrid Wolf, DGB-Stadtverbandsvorsitzende in Düsseldorf. Millionen Pendler und Pendlerinnen seien bundesweit auf ihre im Betrieb vergleichsweise günstigen und CO2-armen Diesel-Fahrzeuge angewiesen und derzeit zutiefst verunsichert. Der Bund darf die Kommunen mit dem Problem nicht alleine lassen. Die Einführung einer „blauen Plakette“ wäre aus Sicht des DGB eine Option, Fahrverbote zu verhindern. Moderne Diesel wären dann von möglichen Fahrverboten ausgenommen.
(Dokumentation Jo Achim Geschke)