Die Grünen wähnen sich bundesweit in einem Umfragehoch, hatten bei der Europawahl ein gutes Ergebnis eingefahren, aber das waren eben keine Kommunalthemen. Ob das Grüne in Düsseldorf, wo die Marktpartei FDP erstaunliche Ergebnisse erzielen kann, auch so anzieht, ist nicht sicher. Und wo Engstfeld Akzente setzen will in einer Kommunalpolitik, die mit Neubau und Sanierung von Schwimmbädern, Schulen, Kitas und einer finanziell erfolgreichen Haushaltspolitik punkten kann, ist auch nicht sofort sichtbar. In der Umweltpolitik war OB Geisel gezwungen, zusammen mit der Landesregierung ( CDU/ FDP) und den Luftreinhalte-Auflagen zu handeln – was auch ein Grüner nicht umgehen kann. Und bei der bis 2018 eher lahmen Rheinbahn haben auch Grüne Politiker in den Aufsichtsgremien gesessen. Tempo 30 in der Stadt als Grüne Politik ist hier auch nicht gerade beliebt.
Engstfeld, gerade 50 Jahre alt geworden, trat 1996 bei den Grünen ein, ging während des Studiums der Sozialwissenschaften hauptamtlich in die Grüne Politik, war seit 2010 mit Unterbrechungen Landtagsabgeordneter und rückte im Mai 2018 für eine Grüne in den Landtag nach. Engstfeld, mit der ehemaligen Rathaus-Sprecherin Kerstin Jäckel-Engtsfeld verheiratet, ist Taucher, auch gern in fernen Revieren. Ob Engstfeld im Haifischbecken Rathaus und Verwaltung, wie es mal ein Beamter uns gegenüber nannte, zurechtkommen wird, ist auch noch eine andere Frage. Es könnte für den Grünen Sozialwissenschaftler schwierig werden, denn vor allem juristische Kenntnissee sind im Verwaltungsdschungel hilfreich.
Engstfeld ist in Düsseldorf gut vernetzt als Landtagsabgeordneter, ist auch Mitglied im bunten Karnevalsverein „KG Regenbogen“. In der Begründung des Grünen Vorstands heißt es, es brauche „eine*n integrative*n Kandidat*in, die*der die Menschen in ihren Lebenswelten abholt und gegenseitiges Verständnis fördert.“ Und „Mit der Kandidatenwahl möchten wir auch unserem Anspruch auf einen transparenten und offenen Politikstil gerecht werden.“
Engstfeld müsste dann aber auch beweisen, dass es OB Geisel an der nötigen Transparenz mangelt und er diese herstellen kann. OB Geisel hat in den vergangenen Jahren die Stadtteilgespräche eingeführt, und ist auf sehr vielen Terminen in der Stadt präsent gewesen. Vielleicht mal zu vielen Terminen und zu schnell wieder weg zum nächsten, wie Angela Hebeler ihm in ihrer Haushaltsrede im Dezember vorwarf. Aber „intransparent“ nach außen oder fehlende Beteiligung von Öffentlichkeit – siehe Planungen mit Bürgerbeteiligung – kann man OB Geisel schwerlich vorwerfen.
In der Begründung der Kandidatur heißt es vom Vorstand: „…… schützend vor die von Diskriminierung und Ausgrenzung betroffenen Gruppen stellt und für gesellschaftliche Akzeptanz steht. Wir brauchen eine*n Kandidat*in mit einem sozialen Gewissen, die*der auch auf die schaut, denen es in unserer Stadt weniger gut geht.“
Das klingt streckenweise wie eine Beschreibung dessen, was OB Geisel in den vergangenen Jahren tat: Neubau und Ausbau der Schulen, mehr Kitas, mehr Schwimmbäder, für die Obdachlosen am Ehrenhof wurde ein Haus gefunden, in dem sie leben können, an der Graf-Adolf-Straße ist eine neue Unterkunft eingerichtet worden etc etc.
Nun war es gerade OB Geisel und die SPD im Verein mit Gewerkschaften (und auch Grünen), der für Toleranz und Humanität sogar vor Gericht stritt und Recht bekam, der am Rathaus das inzwischen berühmte Transparent aufhängen ließ für Toleranz und Humanität. … Wobei bei diesem Einsatz oft die CDU fehlte, was auch die Grünen kritisiert hatten.
Und so wird es Engstfeld wohl schwer haben, seine Position von der OB Geiselss abzugrenzen. Denn bei den Themen Verkehr, Wohnungsbau, Klimawandel und saubere Luft stehen Geisel und Engstfeld fast auf einem gemeinsamen Programmplatz, unterscheiden sich allenfalls in Nuancen. Bei der Rheinbahn und im VRR (der die Ticketpreise festlegt) waren schließlich auch Grüne in den entscheidenden Gremien. Und wie die Düsseldorfer Autofahrer auf beispielsweise Tempo 30 in der Stadtreagieren würden, kann sich jeder vorstellen.
Falls die Grünen mit der CDU in Düsseldorf eine Mehrheit bilden sollten, weil einige OB Geisel nicht leiden können, wäre das fatal für die Grünen – und die Österreicher würden sagen: „A bisserl auch für die Demokratie“. Düsseldorf ist aber eben nicht Österreich. Die Schnittmengen bei Verkehr und Umwelt mit der CDU sind in Düsseldorf sehr sehr klein, das haben die vergangenen Monate gezeigt. Ein Zusammen mit der CDU wäre das Zeichen, dass es lediglich um Macht geht, nicht um nachhaltige oder eine andere Politik.
Und ob die konservative, einflussreiche Elite in Düsseldorf es so gut findet, dass ein Grüner dann Verwaltungschef wird … es ist eher zu bezweifeln.
Die Mitglieder können den OB Kandidaten am 21. Januar, einem Dienstag, auf einer Sitzung nominieren.
(Autor Jo Achim Geschke)