Matinee zum internationalen Frauentag im Schauspielhaus

Internationaler Frauentag: Power-Frauen ohne Angst im Schauspielhaus, Dr. Mithu Sanyal zu „Feminismus 2020“ und aktuellen Themen

Von Jo Achim Geschke |

Mithu Frauentag Bühne / Foto © Jo Achim Geschke

Die Matinee zum internationalen Frauentag kehrte nach fünf Jahren zurück ins Schauspielhaus, und es wurde eine gelungene Rückkehr. Rund 600 Frauen (und nur eine Handvoll Männer) hatten sich für die kostenlose Teilnehme im Großen Haus angemeldet, etliche Gruppen präsentierten sich auf der Bühne zum Motto „Feminismus 2020“. Die Düsseldorfer Autorin und Journalistin Dr. Mithu M. Sanyal hielt einen aktuellen Vortrag – denglish heute Keynote genannt – nachdem Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke in ihrer herzlichen, ehrlichen Art mit einem Grußwort die Matinee eröffnete, durch die Elisabeth Wilfart, Leiterin des Gleichstellungsbüros, gewohnt souverän führte.

Die Kritik gleich vorweg: Bei der Podiumsdiskussion interessante Teilnehmer*innen mit Carissa Wagner, Jugendbildungsreferentin beim DGB-Region Düsseldorf - Bergisch Land.
Hengameh Yaghoobifarah, Journalist*in und Redakteur*in beim Missy Magazine, Tarik Tesfu, Video-Kolumnist 2017 Moderator beim journalistischen Online-Format: Jäger & Sammler (ZDF). Vor den dreien hätte das Publikum sicherlich gerne noch mehr erfahren, was mit der uninspirierten Moderatorin allerdings nicht möglich war. Die Moderatorin verstieg sich sogar dazu, dass „Journalisten ja nicht gendern dürfen“. Das ist vielleicht bei der Rheinischen Post christlich-familiäre Vorgabe, ansonsten gendern durchaus Journalist*innen.

In seiner Begrüßung erinnerte Intendant Wilfried Schulz noch einmal daran, dass das Schauspielhaus, dass das Theater ein Ort ist, der allen in der Stadt gehört, eine Institution, in der wir gemeinsam nachdenken, wie wir in Zukunft leben wollen, und auch ein Ort der Empathie,  wo wir Differenzen aushalten können,  wo wir aushalten, wenn die Nachbarin an anderen Stellen lacht oder weint als wir.

Und Schulz dankte allen, die trotz des Virus gekommen waren, denn, so Schulz unter Beifall, „ich finde, dass das Thema der Angst uns nicht dominieren darf.“

Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke (SPD) dankte im Grußwort dem Hausherrn und vor allem den Teilnehmer_Innen, die später auch auf die Bühne kamen.

Die Düsseldorferin Mithu M. Sanyal ist vielen vor allem auch jungen Frauen bekannt durch die gemeinsamen Abenden mit Spiegel-Kolumnistin Margarete Stockowski ( die Stadtbibliothek  musste dabei mal  einen Saal wegen Überfüllung schließen). Sanyal verwies in den ersten Sätzen schon auf die menschenunwürdigen Zustände für Flüchtlinge in Lesbos und den Rechtsextremen. „In Zeiten von Hanau und Lesbos“ werde von der neurechten Propaganda „der braune Mann als Gefahr für die blonde Frau“ dargestellt. Und Migration ist ja nicht nur männlich, erinnerte sie an die vielen Migrantinnen, die zum großen Teil in Jobs der Reinigung, Haushalt und Pflege arbeiten.

„Düsseldorf ist dankenswerter Weise eine der Städte, die Flüchtende aufnehmen wollen,“ so Sanyal, die dabei auf OB Thomas Geisel und Gattin in der ersten Reihe blicken konnte.

Was fehlt, so die Kulturwissenschaftlerin, sei eine Verbindung von Feminismus und Kapitalismuskritik.  Wenn in den Dax-Unternehmen immer noch zu wenig Frauen im Vorstand sitzen – dann könne man eben die Dax-Vorstände abschaffen. Der „Gender-Gap“ zwischen Top-Frauen in Firmen und den „Putzfrauen“ sei übrigens „mehrere 1000 Prozent“.

 In der Podiumsdiskussion blieben einige Sätze erhaltenswert: „Ich habe lieber `nen linken Typen im Parlament sitzen als eine rechte Frau“ (Hengameh Yaghoobifarah Missy Magazin), und  Tarik Tesfu definierte, Feminismus sei ja auch, Lebensqualität für alle zu erhöhen. Und Ulrike Schneider, Vorsitzende im Senior_Innenrat Düsseldorfs, monierte, dass „in der RP immer noch vorwiegend Männer auf Fotos abgebildet werden“, auch wenn z.B. im Sport eine Frauenmannschaft gewonnen hat.

Das Schauspielhaus stelle sich mit einem kleinen Auszug aus der seit längerem beliebten Show „Boys don`t cry and girls just wanna have fun“ vor, bei der Frederik Tidén als Drag-Queen die tatsächlich gehandelten Grillwürste  für Frauen und für Männer vorstellte…

Etliche politische Frauen-Gruppen hatten dann im Format „60 Sekunden“ genau so viel Zeit, sich auf der Bühne vorzustellen.

Das Lied der italienischen Arbeiterinnen stimmte zum Abschluss Elisabeth Wilfart an (sie ist ausgebildete Sängerin), und alle Akteurinnen kamen auf die Bühne und sangen mit Wilfart und dem Publikum „Bella Ciao, bella Ciao, lass uns feiern, lass uns fordern …..“

Das Foyer des Schauspielhauses bot dann bei Kaffee und Kuchen noch lange Zeit zu Treffen und Gesprächen, zu den prominenten Gästen gehörten etwa OB Thomas Geisel mit Gattin, Andreas Rimkus MdB und SPD-Vorsitzender, Sigrid Wolf vom DGB Düsseldorf, sowie Ratsfrauen von SPD und Grünen.

Die Welt hat sich weiter gedreht, wenn auch nicht für Friedrich Merz und ähnliche Konservative oder Werte-Unionisten. Es gibt schon eine gewisse Anzahl Männer, die die Gleichberechtigung, ja den Feminismus, praktisch leben wollen. Und so ist auch klar: Das Schauspielhaus ist schon der richtige Ort für eine Matinee zum Frauentag 8. März: Ein Ort, an dem etwa im „Unterhaus“ eine Reihe zum Feminismus lief, ein Ort, wo „Lulu“ den männlichen Voyeuren einen Spiegel vorhält, ein Ort, wo Theater zum Nachdenken und Diskutieren einlädt, mitten in der Stadt.  

Übrigens Schauspielkunst und Frauen: Sogar Fernsehstar Maria Furtwängler weist darauf hin, wie einige andere Schauspielerinnen auch, dass es für Frauen ab 45 / 50 nur noch sehr wenige Rollen in Fernseh-Filmen gibt. Während Männer in dem Alter ja noch reichlich Angebote haben. Eine Inszenierung, die auf diese Probleme abzielt, ist übrigens „Linda“ von Penelope Skinner (Aufführungen im Schauspielhaus noch bis Anfang Mai , www.dhaus.de )

(Autor Jo Achim Geschke)