SPD Vollversammlung - Bericht

SPD Parteitag als Vollversammlung – volle Sammlung auf Solidarität

Von Jo Achim Geschke |

Kevin Kühnert erhält von Andreas Rimkus scharfen Senf auf der Vollversammlung/ Foto (C) Jo Geschke

Gleich zu Beginn der SPD Vollversammlung sandten die rund 141 Stimmberechtigen eine klare Solidaritätsadresse an die über 1000 Demonstrierenden in Eller, die dort gegen die neue Rechte „Bruderschaft“ ihren Protest zeigten: Die SPD Düsseldorf ist einstimmig in das Bündnis gegen Rechts DSSQ (Düsseldorf stellt sich quer) eingetreten. Solidarität war auch das vielfältige Thema der Vollversammlung, die von den Jusos ausgerichtet wurde. Kevin Kühnert, Bundes-Jusovorsitzender, und Jessica Rosenthal (NRW-Juso-Vorsitzende), sprachen zu Beginn ein Grußwort. Zur Vollversammlung waren alle SPD-Mitglieder rede- und stimmberechtigt, die sich zuvor angemeldet hatten, und nicht nur Delegierte aus den Ortsvereinen. Bis 16 Uhr ging es in der Freizeitstätte Garath um Solidarität in der Gesellschaft, in der Wirtschaft und ebenso Arbeitsbedingungen in Staaten außerhalb der EU. Die Anträge wurden nach teils lebhaften Debatten verabschiedet. Ein Überblick.

Es gehe „um die Ausgestaltung unserer Grundwerte“, die SPD wolle sich „neu aufstellen, breiter diskutieren, mehr Menschen beteiligen“ und eben mehr Demokratie wagen, sagte Andreas Rimkus als Vorsitzender SPD Düsseldorf zu Beginn. Er verwies auf Berlin, dass die SPD nun Hartz IV ersetzen wolle. Annika Maus als Juso-Vorsitzende in Düsseldorf verwies darauf, dass es um eine Definition von Solidarität gehe, und damit darum, „Welche Politik für wen wir machen wollen.“

Solidarität als Prinzip menschlichen Umgangs miteinander sei, so Kevin Kühnert in seinem Grußwort, wichtig in einer Gesellschaft, die immer mehr durch Egoismus und Egomanie geprägt sei. Kühnert verwies wie Rimkus unter dem Stichwort Solidarität auf das neue Renten- und Arbeitslosengeld-Model der Bundes SPD, das das Menschenbild ändere, weil es den sozialen Frieden störe, wenn jemand, der / die sich angestrengt haben, am Ende in Armut leben solle. Das solidarischen Menschenbild der SPD sei nicht „skeptisch“, gehe nicht von Betrug aus, das sei nicht die Regel. Der Sozialstaat habe eine „Bringschuld“, dass jeder in Form einer „Selbstbestimmtheit“ leben könne.

Solidarität aber müsse auch in der SPD vorgelebt werden. Man könne hart diskutieren, aber müsse sich dabei auch respektieren.

Jessica Rosenthal (Vorsitzende NRW Jusos) leitete die Diskussion um den ersten Antrag ein. Solidarität stehe gegen das „Ich Ich“ in der Gesellschaft, gegen das Bild des selbstoptimierten Egos. Sie kritisierte unter anderem die Politik von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der etwa Erhalt und Bau von Sozialwohnungen behindere, „Wir stehen für eine andere Gesellschaft“. Die Forderung nach mehr sozialem Wohnungsbau und dessen langfristiger Sicherung war da nur eine Folge.

Schwerpunkte der Anträge

Fast alle Anträge der Vollversammlung wurden von den 141 Stimmberechtigten einstimmig oder mit großer Mehrheit bei sehr wenigen Gegenstimmen oder Enthaltungen angenommen. Auch unter anderem der Antrag „ermutigender Sozialstaat“ (C 3) und der zur Verteilungsgerechtigkeit (C 7), die beide lange und heftig diskutiert wurde. Dabei gab es vor allem von zwei Genossen Änderungsvorschläge, die eher auf der Schröderschen SPD-Politik eines mehr wirtschaftsnahen Denkens fußten. Änderungen, die Anträge im Sinne von „neoliberalen Tendenzen“ (so eine Genossin in der Diskussion) verharmlosen wollten, wurden allerdings mit großer Mehrheit von den Düsseldorfer SPD-Mitgliedern abgelehnt.

Viele Menschen leben trotz Job unter dem Existenzminimum, erläuterte Annika Maus (Jusos) den Antrag „Ermutigender Sozialstaat“, ein Mindestlohn von 12 Euro/ Stunde sei allerdings bereits beschlossen. Teilhabe, Daseinsvorsorge und und Bedürfnisse der Menschen müssten aber Vorrang vor denen des Marktes haben, so der Antrag. Der damit auch eine klare Abkehr von Hartz IV einfordert, wie sie am Sonntag endlich auch von der Bundes-SPD in Berlin vorgestellt wurde.

Etliche Anträge – die auch mit Mehrheit beschlossen wurden – wenden sich gegen die Dominanz der Finanzindustrie, für eine Daseinsvorsorge, die gegen eine „soziale Verdrängung“ aus den Städten (z. B. Mieten, Luxuswohnungen), gegen Privatisierung etwa in Pflege und Gesundheitsvorsorge und mehr Anerkennung der Pflegeberufe, und klar für eine Bürgerversicherung plädierten. Die Konkurrenz der Städte und Gemeinden (etwa bei Gewerbeansiedlungen) müsse aufgehoben werden, dazu müsse eine andere Wirtschaftspolitik mit Kooperation statt Wettbewerb unter den Kommunen her.

Bildung und Europa

Klare Kante zeigte die Mehrheit der Vollversammlung auch beim Thema Europa und EU. Noch immer entscheide das Elternhaus über Berufs- und akademische Ausbildung. Azubis und Studierende müssten daher gerecht entlohnt und unterstützt werden, damit sie sich ein Leben in den Städten leisten könnten. Bildung und lebenslanges Lernen sei ein Wert an sich, so die Forderung, die damit auch eine Abkehr von den Bachelor-Abschlüssen fordert, die ohnehin nur auf schnelle (und billige) Verwertung und nicht auf breite Bildung ausgerichtet sind.

Europaabgeordnete Petra Kammerevert (SPD) betonte, die Gesellschaften müssten sich an „Bildung als Wert an sich orientieren“: Statt nur immer Wachstum und Verwertung zu fordern, müssten selbstbewusste und kritische Bürger gebildet werden, die unsere Demokratie stützen“. Dazu müsse mehr investiert werden: Die nordischen Staaten investierten inn Bildung 7 Prozent des BIP, Deutschland nur 5 % des BIP. Kammerevert habe im EU-Parlament gefordert, in der EU 10 % der Wirtschaftsleistung in Bildung zu investieren.

Zum Thema Europa wurde auch auf die riesigen Export-Überschüsse Deutschlands, als „größtem Gewinner und Nutznießer Europas“ so ein Genosse, hingewiesen, und ein Ende der Austeritätspolitik gefordert ebenso wie das Verbot von Rüstungsexporten in Krisenländer.

Fazit

Mit den Beschlüssen der Vollversammlung zeigte die SPD-Mitglieder klare Kante für eine solidarische Politik zur Sicherung von Freiheit, sozialem Frieden und für Selbstbestimmung und gesichertes Leben der Bürger gegen Egoismen und übermächtige Wirtschafts- und Finanzinteressen. Die Düsseldorfer gehen dabei in einigen Punkten durchaus noch weiter in ihren sozialen Forderungen als die SPD im Bund.

(Text Jo Achim Geschke)

Die Anträge im Wortlaut (zunächst ohne einige Änderungen) unter

www.spd-duesseldorf.de/wp-content/uploads/sites/198/2019/01/PARTEITAGSUNTERLAGEN___Antr__ge-1.pdf