Noch wird verhandelt – und der Betriebsrat des Sprinterwerks an der Rather Straße hofft, dass der Mercedes-Vorstand davon abrückt, dass rund 1800 Arbeitsplätze im Transporterwerk wegfallen (wir berichteten). Das machte heute (Freitag) Betriebsratsvorsitzender Thomas Weilbier gemeinsam mit der IG Metall deutlich. Laut Weilbier liefen gestern Verhandlungen mit dem Mercedes-Vorstand, er hoffe, dass diese nächste Woche fortgesetzt würden. Die Belegschaft in Düsseldorf, so viel ist deutlich, ist kampfbereit. Und auch andere Mercedes-Betriebe in Deutschland schauen genau auf Düsseldorf, ob die Einsparung von rund 1800 Arbeitsplätzen etwa ein Modellfall für weitere Streichungen im Konzern ist, berichtete Nihat Öztürk, IG-Metall-Geschäftsführer.
Nach Auffassung des Betriebsrats ist die Entscheidung, wegen der Produktionsverlagerung in die USA eine der drei Schichten im hiesigen Sprinterwerk zu streichen, nicht endgültig abgesegnet, „dazu müsste noch der Aufsichtsrat tagen, und in dem sitzen auch Arbeitnehmervertreter“, meinte Weilbier.
Das allerdings bestreitet der Unternehmens-Vorstand. Der Betriebsrat fordert nun, dass für eine Verlagerung der USA-Produktion „Kompensationen“ im Werk Düsseldorf geschaffen werden. Heißt: Wenn der Teil der Produktion für den USA-Markt in einem neuen Werk in den Staaten geschaffen wird, dürfen deshalb nicht Stellen in Düsseldorf wegfallen.
„Entscheidung muss in vier Wochen fallen“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass de Belegschaft sich das alles so gefallen lässt“, sagt der Betriebsratsvorsitzende. „Noch wartet man ab, was passiert, aber die Geduld der Kollegen ist nicht unendlich“, deutet Weilbier künftige Proteste an. In den nächsten vier Wochen müsste eine Entscheidung fallen.
„Wir sind keineswegs gegen eine Internationalisierung“, betont Betriebsrat Weilbier. Der Mercedes-Konzern setze auf Wachstum, auf neue Märkte und neue Fahrzeuge. „Aber wenn ein Unternehmen so auf Wachstum orientiert ist, dürfen deshalb nicht Arbeitsplätze in Deutschland wegfallen.“ Es gebe bereits Transporter-Werke in China und Argentinien, ohne dass deshalb Stellen gestrichen wurden. Zudem sei noch nicht klar, ob „ob sich bei einer Verlagerung in die USA bei den Stückkosten etwa die Investitionen in kurzer Zeit rechnen werden, meint Weilbier. Denn wenn der Markt in den USA nicht so schnell wächst wie angenommen, und der Absatz wegbräche, sei das ein hohes Risiko, dass alles zusammenbricht. Weilbier betonte zudem: „In den USA wird schon jetzt Geld mit dem Transporter verdient. Es ist ja nicht so, dass wir dort Geld ins Handschuhfach legen.“
Wie berichtet, wird der Sprinter-Transporter hier auf Schiffe verladen, in den Seehäfen dann in Fahrgestell und Karosse zerlegt und in die USA verschifft. Denn auf die Einzelteile erheben die USA keine Einfuhrzölle. In Charleston im US-Staat South Carolina werden die Wagen wieder zusammen gesetzt. Dem Unternehmen dauet das aber zu lange und es sei zu teuer. Allerdings wird ein Teil der Fahrzeuge unzerlegt nach Kanada verschifft. Laut Unternehmensleitung, so Weilbier, soll der Kostenfaktor in den USA um 30 Prozent unter dem Deutschen liegen.
„Wir fordern ja nicht, einen Standort in den USA aufzugeben. Wenn es keine Nachteile für die Belegschaft gibt, begleiten wir die Internationalisierung durchaus“, so der der Betriebsrat. Modelle für einen Erhalt der Stellen zu entwickeln, sei eine Management-Aufgabe.
Im Mercedes Werk arbeiten 5100 Menschen in der Produktion. Eine Schicht soll eventuell wegfallen, wahrscheinlich die (wegen der Zuschläge) teure Nachtschicht. Das wären etwa 1800 Menschen. Werksverträge gibt es nicht, aber etwa 8 Prozent Leiharbeiter, so Weilbier, die wohl als erste gehen müssten.
Bis zu 5000 Arbeitsplätze gefährdet?
Laut Nihat Öztürk hängen an einem abgebauten Arbeitsplatz in der Industrie 1,7 bis 2,8 Arbeitsplätze bei Zulieferern und anderen davon Abhängigen, dazu käme die verlorene Kaufkraft, die etwa beim Einzelhandel auch noch zu Verlusten führen können.
Laut IG-Metall-Geschäftsführer ist die jetzige Strategie des Mercedes-Unternehmens „ein Tabu-Bruch“. Es habe auch in der Vergangenheit Investitionen im Ausland gegeben, ohne dass Stellen in Deutschland gestrichen wurden. „Außerdem ist eine Verlagerung ins Ausland immer teurer gewesen als angenommen, wir wissen alle, das die gleiche Effizienz und Qualität nicht ohne weiteres im Ausland zu realisieren sind.“
(Blicken sorgenvoll in die Zukunft : Nihat Öztürk, IG Metall, und Thomas Weilbier, Betriebsratsvorsitzender / Foto © Jo Achim Geschke)