AfD-Anhänger und andere Ultrarechte reden von „unseren Frauen“, die es zu beschützen gilt, während andere schon bei der Formulierung „meine Frau“ (Ehegattin) Skrupel bekommen. Und der Verdacht, dass viele demokratische Konservative immer noch heimlich an die Frau am Herd denken, ist bei mir nicht ausgeräumt.
Dabei gibt es die Familie im althergebrachten Sinn kaum noch. Von insgesamt 350.000 Haushalten sind nur 16 Prozent (56.000) Haushalte im traditionellen Sinne mit Mann, Farau und Kind. Jeder fünfte Haushalt (rund 20 Prozent) besteht aus Alleinerziehenden mit Kind (Zahlen der Stadt, es gibt zudem 54 Prozent Single-Haushalte).
Etwa drei Mal so viele Frauen wie Männer sind teilzeitbeschäftigt (37.169 im Jahr 2014). Rund jede fünfte Düsseldorfer EinwohnerIn ist ganz oder zeitweise in einer geringfügig entlohnten Beschäftigung, der Anteil der Frauen beträgt allerdings dabei fast 60 Prozent. Bei den ausschließlich geringfügig entlohnten liegt der Anteil der Frauen sogar bei bis zu 71 Prozent im Alter zwischen 25 und 55 Jahren. Zahlen aus dem Sozialbericht der Stadt zur Situation von Familien, NDOZ.de hat es Mitte Februar bereits berichtet.
Mit der „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist es auch noch immer nicht weit her – Frauen verdienen im Durchschnitt 23 % weniger als Männer bei gleicher Tätigkeit. Das in den wenigen traditionellen Familien, die in Düsseldorf leben, die Männer für das Einkommen sorgen, ist übrigens nicht Fehler der Politik – Frauen werden schlichtweg geringer bezahlt.
Männer-Netzwerke gibt es en masse, nicht nur im Karneval, aber Führungspositionen für Frauen sind – nicht nur – in der Wirtschaft eher rar. Schaut mann auf die engagierten HelferInnen bei der Flüchtlingshilfe, überwiegen Frauen (und Rentner).
Es sind auch meist Frauen, die zur Tafel gehen und Lebensmitte abholen, weil das Geld einfach nicht reicht – meist schon Mitte des Monats nicht mehr. Und diese versteckte – und auch verdrängte – Armut wird enorm zunehmen. Denn im neoliberalen Wirtschaftssystem, das längst nicht mehr mit Marktwirtschaft zu tun hat, schon gar nicht mit dem Beiwort „Soziale“, gibt es immer mehr Teilzeit- und gering Beschäftigte – und deren Rente wird vom Staat später aufgestockt werden müssen. Und – siehe oben – es sind vor allem Frauen, die gering beschäftigt sind, die eine geringe Rente bekommen. Aber auch jene, die ihre Kinder zu Hause erzogen haben – und nun eine magere Rente bekommen.
Junge Frauen haben heute ein andres Selbstverständnis von „Emanzipation“, und manche junge Frauen schrecken vor dem Begriff „Feminismus“ zurück. Der Weltfrauentag feiert unter anderem, dass Frauen wählen dürfen ... seit 1918 in Deutschland, seit 1971 auch in der Schweiz ... Aber abgesehen vom Begriff – ein Blick in die Geschichte, wie Männerbünde, Männernetzwerke als Reaktion auf Frauen entstanden, wie Frauen aus dem 17. Jahrhundert in der Kunstgeschichte verdrängt wurden ....
Haben Sie mal nachgeschaut, wie viele weibliche Gynäkologen es gibt ? Genau ...Warum? Im 18. Jahrhundert gab es die berühmten „Salons“ oder „literarischen Salons“ von Frauen, - die Liste unter diesem Stichwort ist allein wegen der großen Zahl der Namen beeindruckend.
Berühmt war Rahel Varnhagen in Berlin mit dem Salon von 1790 bis etwa 1833 . Dort trafen sich berühmte Philosophen wie Hegel, Díchter wie Ludwig Tieck und Jean Paul, später auch Heinrich Heine, oder Wissenschaftler wie Alexander von Humboldt. Nach der Zeit der starken Frauen im 18. Jahrhundert, als Frauen für ihre intellektuellen und künstlerischen Salons berühmt waren, kam schnell die Reaktion (im doppelten Sinne) der Männer. Auch die Gynäkologie entstand als Reaktion auf die „emanzipierten“ starken Frauen des 18. Und 19. Jahrhunderts. Diese Männerbewegung gipfelte in Paul Julius Möbius Abhandlung „Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes“, erschienen 1900. Dem übrigens noch weitere ähnlich schwachsinnige Bücher folgten. Es ist noch nicht lange her, rund 140 Jahre, da forderten Mediziner eine Klitoris-Beschneidung – in Deutschland.
Und heute? Hebammen sind in ihrer Berufsausübung gefährdet, und damit Hausgeburten, weil Versicherungen die Prämien für sie so hoch setzen, dass praktisch nur noch die Fachärzte für Geburten zuständig sein können.
Und in der Kultur? Es war eine Frau (Sylvia Beach), die einen der großen Romane der Weltliteratur zur Veröffentlichung verhalf (James Joyce, Ulysses). Oder gehen Sie beispielsweise mal Anzeigen von Ausstellungen in Deutschland in Galerien durch, suchen Sie bei Galerien nach Namen von weiblichen Künstlern... Naa? Genau. Im Jahr 1893 wurde entdeckt, dass ein Gemälde mit der Signatur von Frans Hals gar nicht von ihm, sondern von Judith Leyster (1609 – 1660) gemalt war. Danach wurden noch mehr Gemälde – oft dem Mann Frans Hals zugeschrieben - von Leyster entdeckt. Immerhin gab es 2010 im Frans Hals Museum in Haarlem eine Ausstellung zum Werk von Judith Leyster. (Heute findet sich im Verzeichnis des Museum kein Name Leyster.)
Oder Camille Claudel: Während sich in Deutschland hartnäckig Kunstexperten an Rodin als den einzig berühmten Bildhauer seiner Zeit hielten, wurde in Frankreich längst über einige seiner Skulpturen von „Werken zu vier Händen“ geschrieben. Und erst der Film mit Isabelle Adjani über Claudels Schicksal machte ihr eigenes Werk als Bildhauerin wirklich bekannt.
Und heute in der Kunst ? Ach reden wir nicht drüber. Es gibt noch so viel zu ändern im Kontext zum Weltfrauentag ...
(Autor Jo Achim Geschke)
Lesen Sie dazu auch: