Umweltspuren, Verkehrswende und Warten auf die sensitiven Ampeln

Ablösung der Umweltspuren - Maßnahmen und Einordnung

Von Jo Achim Geschke |

Stau auf dem Lastring in Düsseldorf

Stau auf dem Lastring in Düsseldorf | Foto: JoAchim Geschke

Die Maßnahmen zum Ersatz der Umweltspuren und zur Luftreinhaltung wurden am Mittwoch vom Ordnungs- und Verkehrsausschuss (OVA) mehrheitlich beschlossen und am Donnerstag vorgestellt von OB Dr. Stephan Keller CDU und Verkehrs- und Planungsdezernentin Cornelia Zuschke.

Allerdings betonte die Planungsexpertin Zuschke, dass die Maßnahmen zur Luftreinhaltung – und damit gegen eine mögliche Klage und Diesel-Fahrverbote – auf mehreren Rädern steht, dazu gehöre ein ganzes Bündel von Maßnahmen, auch beim ÖPNV.

OB Dr. Keller will sein Wahlversprechen (staufreie Stadt) halten und setzt zunächst auf „Signalsteuerung“ durch sogenannte intelligente Ampeln und streckenweise Tempo 30. Doch die Ampelprogrammierung und Funktion nach Messwerten wird noch mindestens bis nächstes Jahr dauern, bis dahin werden Daten gesammelt, aber auch Rot-Phasen verlängert.

Wie berichtet, hatte die SPD/ Volt Fraktion mehrere konkrete Vorschläge etwa zum Ausbau des ÖPNV gemacht, die aber im OVA von der CDU-Grünen Mehrheit abgelehnt wurden. Die jetzt vorgeschlagenen Pförtnerampeln lehnt die Opposition ab, dadurch würden nur die Staus an den Stadtrand verlagert.

Im WDR-Fernsehen sagte Norbert Czerwinski, Grüne, jetzt Vorsitzender im Verkehrsausschuss, die von der SPD/ Volt vorgeschlagenen Maßnahmen seien zu langfristig, man müsse jetzt schnell handeln.

An den Einfallstoren des individuellen Autoverkehrs , beispielweise an Mecumstraße / Auf`m Hennekamp, und an der Münchener Straße Richtung Südring und Merowinger Straße, sollen Ampeln den Zufluss an Autos, abbremsen, Zitat: „nur noch die lufthygienisch verträgliche Anzahl an Kraftfahrzeugen“ durchlassen. So soll auch an der stark belasteten Corneliusstraße die Zahl der durchfahrenden Autos verringert werden. Dort steht bekanntermaßen eine Messstation.

Sowohl Planungs- und Verkehrsexpertin Zuschke als auch OB Dr. Keller machten allerdings klar, dass das Ziel die Verkehrswende bleibe, „wir bekommen die Probleme in den Großstädten nur in den Griff, wenn wir mehr Menschen bewegen können, auf den ÖPNV oder das Rad umzusteigen“.

    Einordnung  und Bewertung

    Man kann OB Dr. Keller schon abnehmen, dass er eine Verkehrswende einleiten will. Er hat aber das gleiche Problem wie sein Vorgänger ( der die Umweltspuren ja gar nicht alleine verantworten hatte): Politik und Verwaltung müssen die autofahrende Bevölkerung für ihre Maßnahmen gewinnen. Das dürfte bei vielen Fahrer-innen nicht auf Gegenliebe stoßen. Nach wie vor fahren etliche auf Kreuzungen ein, obwohl die schon verstopft ist, und blockieren so den Querverkehr.

    Keller ist zudem ein wenig optimistisch, was die Umstellung der „Flotten“ anbelangt: Die Zahl der E-Autos steigt zwar, aber nach mehreren Untersuchungen sind es sehr sehr viel Hybrid-Kfz, die auch in der Stadt kaum auf den E-Antrieb laufen – und mit dem fossilen Antrieb die Luft versauen.

    Klar ist auch, dass es eine schnelle Lösung hin zur wirklichen „Luftreinhaltung“ nicht gelingen kann: Der Umstieg auf Busse und Bahn (ÖPNV) kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn neue Wagen da sind, und ein viel schnellerer Takt. Das dauert nun mal Jahre.
    Dazu kommt, dass das Pendlerproblem auch ein Problem der bezahlbaren Wohnungen ist: Die gibt es nicht mehr auf dem ach so freien Markt, NDOZ.de hat über die gestiegenen Preise nach Analysen des RDM berichtet.

    Zudem ist das Problem der Pendler aus dem Linksrheinischen nicht angesprochen, die Ost-West-Achsen wie der Pendlereinfall über die Kniebrücke oder Südbrücke waren unter dem Stichwort „Umweltspuren“ noch nicht das Thema.

    Dezernentin Zuschke verweist zurecht auf den „Mobilitätsplan D“, früher in etwa der Verkehrsentwicklungsplan, in dem auch eine Änderung der Liefer-Logistik in der Stadt Platz hat, etwa durch te Heesens Initiative „inCharge“ mit dem Sammeln von Lieferungen.

    Planungsexpertin Zuschke bringt es auf den Punkt: „Wir sind nicht auf einer Insel, alle Großstädte arbeiten an den gleichen Problemen.“

    Das eigentliche Problem lautet: Sogenannter freier Markt und ausufernder Kapitalismus.  Das kann man inzwischen sogar in SPIEGEL-Kolumnen nachlesen. Gier und fehlendes Gemeinwesen-Denken hat uns riesige SUVs und gestiegene Abgase beschert, zudem durch losgelöstes Kaufen von Wohnanlagen exorbitant gestiegene Mieten, die kaum noch jemand bezahlen kann.

    Also wohnen Menschen außerhalb, im Gürtel der großen Städte, wo die Mieten längst auch gestiegen sind, und kommen mangels alternativen Angeboten mit dem Auto in die Metropolen zum Arbeiten.
    Umdenken wäre gut, ist aber vielen zu unbequem. Dass Home-office noch über 2021 und Corona hinaus weiter in großem Maße gilt, ist wohl eher unwahrscheinlich, dann könnten die Blechernen Schlangen wieder einfallen in die Stadt.

    Wie sagte Planungsdezernentin Zuschke am Ende der gestrigen Pressekonferenz: „Wir müssen uns bewegen, und zwar wir alle.“ Ja, stimmt. Aber manche bewegen sich weniger als andere.

    Die Maßnahmen laut städtischer Verkehrsverwaltung:

    Die Umweltspur Merowingerstraße wird durch folgende adäquate Alternativen ersetzt:

    • Kurzfristig wird zum 1. März eine umweltsensitive Signalschaltung der Ampeln eingerichtet.
    • Mittelfristig wird darauf aufbauend eine intelligente, dynamische und umweltsensitive Signalschaltung etabliert.
    • Ab Montag, 1. März, wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit zwischen Kopernikusstraße und Ludwig-Hammers-Platz auf 30 Stundenkilometer stadtein- und stadtauswärts festgelegt. Aktuell geprüft wird, ob diese von mindestens zwei Geschwindigkeitskontrollanlagen (dauerhafte stationäre oder mobile Messung) begleitet werden kann.
    • Auf der Merowingerstraße wird eine Radverkehrsanlage geplant. Dazu erfolgt die Prüfung einer möglichen Umwandlung von Quer- in Längsparkständen mit dem Ziel, die Verkehrssicherheit vor allem für Radfahrende zu erhöhen. Bis zur Errichtung der Radverkehrsanlage wird befristet Tempo 30 eingerichtet.
    • Die Einrichtung eines Radwegs zwischen Ludwig-Hammers-Platz und Karolingerstraße in Fahrtrichtung Süd wird zusammen mit dem Radwegebau Ludwig-Hammers-Platz möglichst im Jahr 2021 geprüft. Möglichkeiten der Kompensierung entfallender Stellplätze im Umfeld sollen geprüft werden. Die Radwegeplanung (einschließlich Stellplatzsituation) erfolgt nach Maßgabe der Kleinen Kommission Radverkehr unter frühzeitiger und kontinuierlicher Einbindung von Anwohnern und Öffentlichkeit.
    • Die Ampelsteuerung wird im Hinblick auf die Wirksamkeit zur Luftreinhaltung, Erhöhung der Verkehrssicherheit und Auswirkungen auf den Verkehrsfluss regelmäßig evaluiert.

    Die Umweltspur Achse Werstener Straße wird durch folgende, adäquate Alternativen abgelöst:

    • Kurzfristig wird zum 1. März eine umweltsensitive Signalschaltung der Ampeln eingerichtet.
    • Mittelfristig wird darauf aufbauend eine intelligente, dynamische und umweltsensitive Signalschaltung etabliert.
    • Die parallel zur Witzelstraße verlaufenden Rad- und Fußwege werden im Abschnitt zwischen Christophstraße und Moorenplatz bis zum 31. März inklusive Bordsteinabsenkungen baulich aufgewertet. Das geschieht im Übergang bei sofortigem Wegfall der Parkplätze. Bis zur baulichen Umsetzung des OVA-Beschlusses von Mai 2020 für einen Zweirichtungsradweg in der Witzelstraße wird unmittelbar mit der Aufhebung der Umweltspur der Weg entlang der Universitätsklinik unter Aufhebung der Stellplätze mit einfachen Mitteln für den Zweirichtungs-Radverkehr hergestellt beziehungsweise verbreitert. Für die Haltestellensituation an der Stoffeler Kapelle (Christophstraße/Universität Nord) und die Einfädelung am Moorenplatz soll die Stadtverwaltung Übergangslösungen prüfen und umsetzen.
    • Die Planung für ein P&R-Parkhaus mit B&R-Anlagen am Südpark wird eingeleitet. Darüber hinaus soll eine parallele Abstimmung mit der Rheinbahn AG als Eigentümer der Fläche über mögliche Partner, die eine solche Anlage planen, bauen und betreiben können, erfolgen.
    • Die Busbeschleunigung (Linien SB50, 723, 780, 782, 785) auf der Witzelstraße/Werstener Straße soll durch eine Bevorrechtigung am Südpark erreicht werden.
    • Die Markierung eines Radfahrstreifens mit Freigabe für den Buslinienverkehr bei Erhalt von zwei Fahrstreifen für den motorisierten Individualverkehr auf der Mecumstraße, Erasmusstraße und Corneliusstraße stadteinwärts zwischen Auf’m Hennekamp und Oberbilker Allee - zwischen Auf‘m Hennekamp und Fruchtstraße als Radschutzstreifen; vor der Oberbilker Allee als Leipziger Kombispur - soll geprüft werden.
    • Die Fassung des Ausführungs- und Finanzierungsbeschlusses für den Radwegebau Witzelstraße/Auf'm Hennekamp und Vorlage einer Planung für die Radverkehrsführung an Karolingerplatz/Brunnenstraße soll möglichst noch in diesem Jahr erfolgen.
    • Die Achse Witzelstraße/Corneliusstraße soll durch Beschleunigung der Planung und Realisierung der Ortsumgehung Oberbilk mit perspektivischem Anschluss an die Kölner Landstraße zur A46 entlastet werden.
    • Optionen für eine langfristige Umgestaltung der Corneliusstraße zwischen Mecumstraße und Herzogstraße, die die Anlage von Radfahrstreifen, Rasengleisen, barrierefreien Haltestellen und einer dynamischen, verkehrsmengenabhängigen und umweltsensitiven Verkehrssteuerung (reversible lanes) für den stadteinwärtigen und -auswärtigen Verkehr zulässt, soll durch die Stadtverwaltung gepüft werden,
    • Die Ampelsteuerung wird im Hinblick auf die Wirksamkeit zur Luftreinhaltung, Erhöhung der Verkehrssicherheit und Auswirkungen auf den Verkehrsfluss regelmäßig evaluiert.

    Die Umweltspur Prinz-Georg-Straße wird durch folgende, adäquate Maßnahmen ersetzt:

    • Die beiden rechten Fahrstreifen der Prinz-Georg-Straße zwischen Moltkestraße und Rochusstraße werden bis Montag, 1. März, in Radfahrstreifen mit Freigabe für den Linienbusverkehr umgewandelt.
    • Zur Verbesserung der Zufahrt in die Radfahrstreifen werden die Rechtsabbiegespuren von der Eulerstraße (Fahrtrichtung Süd) in die Moltkestraße sowie auf der Prinz-Georg-Straße (Fahrtrichtung Nord) in die Bagelstraße in eine Leipziger Kombispur (Zulassung des Radverkehrs für Geradeausfahrt auf der Spur) ummarkiert - jeweils mit Anschluss von den bestehenden Radwegen.

    Mehr zu den Maßnahmen:

    Zum Mobilitätsplan d Raumwerk D