Kommentar:
Es ist schon fast eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit, die durch die Auflagen der Polizei für die Kundgebung am Sonntag vorgenommen wird. Woher nimmt der Polizeipräsident Norbert Wesseler die Meinung, von einer Kundgebung unter dem Zeichen der (gewaltlosen) Widerstandskämpfer „Weiße Rose“ könne Gewalt ausgehen?
Warum wird ein Protest, bei dem sich auch die katholische und evangelische Kirche (im Düsseldorfer Appell) engagiert, zur Farce verdammt, indem man ihn lediglich so weit entfernt von der Rechtsaußen-Partei AfD erlaubt, dass dieser Protest fast unwirksam wird?
Es ist ohnehin (siehe der Brief der GEW weiter unten) schon unsäglich, dass die Rechtsaußen der AfD, deren Anhänger von Demokraten zu den Brandstiftern und nicht zu den Biedermeiern gerechnet werden, ausgerechnet im Geschwister-Scholl Gymnasium tagen dürfen. Es ist, wir wiederholen dass, ein Skandal, eine Beleidigung jenes Teils des Deutschen Volkes, dem seine Geschichte gegenwärtig ist. Die AfD ist jene Partei, die gegen Flüchtlinge hetzt, in der VertreterInnen die von „völkisch“ reden, deren HauptrednerInnen vom Schießen auf Flüchtlinge reden, vom „Mut der Bürger“ bei den rassistischen Pöbeleien in Clausnitz. Eine Partei, deren Pseudo-Argumentierer offensichtlich jede humanistische und christliche Grundlage dieses Staates ignorieren.
Ein Protest, zumal unter dem Zeichen der „Weißen Rose“, ist ein Protest gegen das Aufkommen von Haltungen und Formulierungen, die geschichtsbewusste Demokraten fatal an das Aufkommen einer Nazi-Ideologie vor 1933 erinnern.
Wen will die Polizeispitze denn mit diesen Auflagen einschränken? Die Düsseldorfer, die mit einer Weißen Rose – wahrlich kein Knüppel – gegen die Rechtsaußen protestieren? Die Mitglieder der AfD dürfen jedenfalls unbehelligt das Gymnasium betreten.
Vor welcher Klage vor dem Verwaltungsgericht hat die Polizeispitze denn Angst? Dass die AfD sich dagegen beschwert, dass gegen sie demonstriert wird? Der bisher geplante Protest schränkt die Rechtsaußen nicht mal ein.
Es hat einen schalen Beigeschmack, dass die Polizei den demokratischen Protest unter dem Zeichen von Widerstandskämpfern gegen die Nazis derart einschränkt. Die Frage ist, ob es nicht wert wäre, gegen die bisherigen Auflagen der Polizei zu klagen – wegen möglicher Einschränkung der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit.
Grundgesetz : Art. 8
„(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.“
Eine damit geschützte Versammlung liegt laut Entscheidungen von BVerfG und BVerwG vor, wenn es eine Meinungsäußerung ist und der Erörterung politischer Angelegenheiten dient.
Zerfällt die Versammlung allerdings in friedliche und unfriedliche Gruppen, so kommt das Grundrecht zu Gunsten der friedlichen Gruppe uneingeschränkt zur Geltung. (Kommentar zum GG von 2014, zitiert nach Wikipedia, ) Die Versammlungsfreiheit umfasst auch die Wahl des Ortes und den Zeitpunkt der Versammlung.
Zum Hintergrund:
Die Anmelder der Ehemaligen des Scholl-Gymnasiums haben die Auflagen der Polizei im Gespräch mit der Polizei nach Information der NDOZ.de akzeptiert.
Wie berichtet, will die AfD NRW am Sonntag ausgerechnet im Geschwister Scholl Gymnasium tagen. Sophie und Hans Scholl wurden wegen Widerstands gegen die Nazis 1943 verhaftet und hingerichtet. Die Tagung im Gymnasium, das den Namen der Widerstandskämpfer aus dem Kreis der „Weißen Rose“ trägt, hat bundesweit Aufsehen erregt, darüber ist in Fernsehen und Zeitungen berichtet worden.
Inzwischen hat sich ein Protest aus vielen Gruppen der Gesellschaft gebildet. Neben den Gruppen von „Düsseldorf stellt sich quer (DSSQ), dem DGB, der SPD und den Grünen, der Linken und der Piraten hat auch der von beiden Kirchen gestützte Düsseldorfer Appell zum Protest aufgerufen. Um an die WiderstandskämpferInnen zu erinnern, sollen die Teilnehmer am Sonntag ab 9:30 Uhr eine weiße Rose mitbringen.
Mit scharfer Kritik am Polizeipräsidenten Wesseler reagierte am Freitagnachmittag das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ auf eine Einschränkung des Protestes von Schülerinnen und ehemaligen des Scholl-Gymnasums. Den SchülerInnen und Ehemaligen sei untersagt worden, ihren Protest gegen die AfD-Versammlung vor dem Gymnasium abzuhalten. Stattdessen dürfe nur eine Abordnung von 10 (zehn) SchülerInnen vor das Gymnasium.
Die eigentliche Kundgebung, so DSSQ, „ darf nur an der Kreuzung Moritz-Sommer-Straße/ Redinghovenstraße stattfinden und damit gut außerhalb einer Ruf- und Hörweite zur Schule. Die Zufahrtsstraße zu Schule wird von der Polizei abgesperrt.“
Die Gruppen aus fast dem gesamten gesellschaftlichen Spektrum wollen aber am Sonntag ihr Recht auf Demonstration in Ruf- und Hörweite gegen die AfD ausüben. Das verhindere die Polizei durch ihre Auflagen, so DSSQ. Polizeipräsident Wesseler sehe seine Aufgabe offenbar darin, „die Veranstaltungen von Dügida, Pegida und AfD mit teils brachialen Mitteln vor Protesten zu schützen“, formuliert DSSQ weiter. Der Polizeipräsident solle seine „Vorzugsbehandlung für rechte Veranstaltungen in Düsseldorf“ endlich beenden und die Kundgebung am Sonntag vor dem Geschwister-Scholl-Gymnasium ungehindert stattfinden lassen.
Gewerkschaft GEW fordert vom OB Verweigerung der Räume
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bestreitet, dass die Stadt der AfD eine Tagung ausgerechnet in diesem Gymnasium genehmigen musste, und zitiert dabei aus der Stadtsatzung ur Vermietung von Schulräumen.
In einem Offenen Brief an OB Thomas Geisel von der GEW heißt es, die Zusage die Zusage der Vermietung der Räumlichkeiten solle der OB zurück ziehen. Und weiter :
„Die GEW Düsseldorf, die 1500 LehrerInnen und Lehrer vertritt, fordert vom OB Geisel, die KollegInnen und Kollegen, die SchülerInnen und Eltern am Geschwister-Scholl-Gymnasium ohne Wenn und Aber zu unterstützen und das heißt für uns: die Zusage der Vermietung der Aula an die AfD zurückzuziehen.
Es ist davon auszugehen, dass die AfD sich ganz bewusst das Geschwister-Scholl-Gymnasium ausgesucht hat. Denn in Ulm haben die Rechtspopulisten ebenfalls versucht, sich in eine Linie mit Hans und Sophie Scholl zu stellen. ... Die Veranstaltung der AfD hat durch den Missbrauch des Namens der Geschwister Scholl in Ulm eine bundesweite Bedeutung erlangt. Es gilt den innerschulischen Frieden und den Ruf der Schule, der Stadt Düsseldorf, des Landes NRW und nicht zuletzt das Andenken der Geschwister Scholl zu schützen.“
Die GEW verweist auf die „Benutzungsordnung für Räume und Schulhöfe der Schulen der Landeshauptstadt Düsseldorf „. Dort heißt es in §1 (2):"Über die Überlassung entscheidet die Oberbürgermeisterin/der Oberbürgermeister." (....) und § 1 (4):"Ein Anspruch auf Überlassung eines bestimmten Schulgebäudes, einer bestimmten Einrichtung eines Schulgebäudes oder eines bestimmten Raumes besteht nicht."
(Text Jo Achim Geschke)
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